„The Greatest Showman“, USA, 2017
Regie: Michael Gracey, Drehbuch: Jenny Bicks, Bill Condon, Musik: John Debney, John Trapanese
Darsteller: Hugh Jackman, Michelle Williams, Zac Efron, Zendaya, Rebecca Ferguson, Keala Settle
Irgendwie will das bei P.T. Barnum (Hugh Jackman) mit der geregelten Arbeit nicht funktionieren. Als er mal wieder eine Stelle verliert, beschließen er und seine Frau Charity (Michelle Williams) ein Kuriositätenkabinett aufzumachen. Der Erfolg lässt auch dort auf sich warten, bis er einen begnadeten Einfall hat: Er macht eine Live-Show daraus. Dieses Mal klappt es, die Massen strömen herbei, um die Trapezkünstlerin Anne Wheeler (Zendaya), die bärtige Dame Lettie (Keala Settle) und andere Freaks zu sehen. Während Barnum nun das einfache Volk zu Füßen liegt, hat die High Society nach wie vor nur Verachtung für ihn übrig. In seiner Sehnsucht nach Anerkennung schließt er sich daher mit dem seriösen Theatermacher Phillip Carlyle (Zac Efron) zusammen und holt auch die schwedische Opernsängerin Jenny Lind (Rebecca Ferguson) nach Amerika – ohne zu ahnen, was er damit anrichtet.
Ein bisschen komisch ist es ja schon. In einer Zeit, in der in den USA sämtliche Fortschritte zur Anerkennung von Minderheiten von oberster Instanz revidiert werden, da soll ausgerechnet eine Reise in die Vergangenheit daran erinnern: Anders sein ist toll! Denn Greatest Showman ist gleich in zweifacher Hinsicht nicht ganz von heute. Zum einen wäre da das Genre Musical, das zwar immer mal wieder für Oscars gut ist – siehe letztes Jahr La La Land –, aber doch wie aus einer anderen Ära wirkt. Dieses hier spielt zudem in der Vergangenheit, irgendwann Mitte des 19. Jahrhunderts. Denn zu der Zeit hat der wahre P.T. Barnum sein Showunwesen getrieben. Wer versucht, anhand von dessen Biografie Greatest Showman zeitlich genau festzumachen, wird aber unweigerlich scheitern. Denn so wie es der Zirkusgründer bei seinen Shows nicht immer so ganz mit der Wahrheit nahm, so war man auch beim Film recht großzügig bei der Auslegung der Biografie.
Viel Show, wenig Spannung
Aber nun gut, Greatest Showman lehrt uns ja, dass der Zweck die Mittel heiligt. Manchmal zumindest. Und jemand anderen zu unterhalten, ist so schlecht als Zweck nicht. Problematisch wird es aber, wenn eben dieser Unterhaltungsfaktor gering ausfällt. Das Leben von Barnum selbst, es war deutlich spannender als das, was Hollywood daraus gemacht hat. Wenn gebogen und gedrückt wird, bis ja alles passt, aber nichts mehr übrigbleibt, für das es sich dazubleiben lohnt, dann läuft da doch irgendwo etwas verkehrt. Und trotz der Höhepunkte, die das Musical fraglos immer mal wieder bietet, am Ende gleicht es der bei einem Zirkus früher gern verkauften Zuckerwatte: süß, klebrig, ohne echte Nährwerte.
Hübsch anzusehen ist Greatest Showman. Die Ausstatter des 84 Millionen Dollar teuren Films haben allerhand zusammengetragen, sei es aus der Gosse, dem Zirkusmilieu oder der High Society, und daraus einen bunt-rauschhaften Mix gezaubert. Der sieht des Öfteren recht künstlich aus, was dem Ganzen aber nicht wirklich schadet. Schließlich geht es hier ja auch um das Märchen im Alltag, den Sense of Wonder, wenn sich vor einem ganz unbekannte Welten öffnen. Und auch akustisch wird das Publikum verwöhnt, teilweise zumindest. Dass Hugh Jackman ein großer Sänger ist, das hat er im Laufe der Zeit mehr als genügend bewiesen – sei es auf der Bühne oder in Filmen. Am Rest des Stimmensembles ist ebenfalls nichts auszusetzen, rein technisch ist das Musical an der Stelle makellos.
Eine Freakshow ohne Freaks
Aber es ist eben zu makellos. Zu glatt. Zu nichtssagend. Die Musik besteht größtenteils aus austauschbaren Wegwerfliedern, die so sehr nach Charts- bzw. Oscarerfolg schielen, dass sie jegliche Persönlichkeit verloren haben. Besonders ärgerlich ist das, wenn Rebecca Ferguson als Europas größte Opernsängerin angekündigt wird, wir aber nur Powerpop à la Céline Dion zu hören bekommen. Und das gilt dann auch insgesamt für Greatest Showman: Für einen Film, der sich nach eigener Aussage so sehr für die Ausgestoßen und Freaks stark macht, ist das Ergebnis zu steril, zu sicher, zu seicht. Darunter leiden auch die eigentlich emotional gemeinten Szenen, für eine tatsächliche Wirkung fehlt hier einfach das Fundament. Es gibt sie, die schönen Momente, die mitreißenden Momente, sogar auch die komischen Momente – wie oft sieht man schon Zac Efron als Damsel in Distress? Aber es ist zu wenig, das Plädoyer für Diversität und Mut, es ist nicht mehr als eine große Überschrift auf dem Plakat, der Film selbst eine Augenwischerei, die der von Barnum in nichts nachsteht.
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