„Hurvínek a kouzelné muzeum“, Tschechische Republik, 2017
Regie: Martin Kotík, Inna Evlannikova; Drehbuch: Jesper Møller, Petr Nepovím, Miki Kirschner, Dan Harder
Wenn es eine Sache auf der Welt gibt, die Harvie absolut liebt, dann sind es seine Computerspielte. Für die lässt er schon mal die Nacht zum Tag werden. Wie an jenem Tag, als er den Schulausflug verpasste, weil der Dauerzocker wieder zu spät war. Das größte Abenteuer erwartet ihn jedoch in dem alten Puppenmuseum seines Vaters. Das soll nun abgerissen werden, was Harvie unbedingt verhindern möchte. Und er erhält dabei tatkräftige Unterstützung: Hund Žeryk und Freundin Monika sind ebenso dabei wie eine Gruppe von Puppen, die auf mysteriöse Weise lebendig werden.
Das jährliche Schlingel Filmfest richtet sich traditionell ja an Kinder und Jugendliche. Aber auch für Animationsfans kann die Reise nach Chemnitz sehr lohnenswert sein, kaum ein Filmfest ist ähnlich erfolgreich darin, unbekannte Vertreter aus Europa nach Deutschland zu holen. Siehe etwa Harvie and the Magic Museum, das 2017 auf diese Weise den Weg aus Tschechien hierherschaffte. Ältere Zuschauer dürfen bei diesem Land etwas wehmütig in Erinnerungen schwelgen. Schließlich hat unser östlicher Nachbar eine ruhmreiche Vergangenheit im Bereich Stop-Motion vorzuweisen, viele dortige Künstler sind Legenden ihres Faches.
Ein Animationsfilm wie aus dem Katalog
Ob es das Regieduo Martin Kotík und Inna Evlannikova so weit bringen wird, bleibt abzuwarten. Mit der altehrwürdigen Animationstechnik haben es die beiden ohnehin nicht. Computergrafiken sind stattdessen angesagt, mal wieder. Und auch sonst scheint man hier ein bisschen zum Westen hinübergeschielt zu haben, auf der Suche nach gewinnbringenden Inspirationen. Vor allem der hektische Slapstick riecht schon sehr nach zeitgemäßer Abgestandenheit. Ständig passiert hier etwas, muss etwas passieren, ohne dass der Film eine wirkliche Rechtfertigung dafür fände. Ach ja, und ein tierischer Sidekick musste natürlich auch noch mit rein. Das ist schließlich Animationsgesetz.
Und doch ist das Werk der beiden auf seine Weise sehr nostalgisch und eigensinnig. Wie oft gibt es heutzutage schon Liebeserklärungen an traditionelles Spielzeug? Wenn sich hier Mensch und Puppe zusammentun, um ein altes Museum zu retten, dann darf einem schon ein bisschen warm ums Herz werden. Dass die Geschichte dabei an vielen Stellen nicht wirklich Sinn ergibt, einige Sachen nie befriedigende Erklärungen erhalten, wird da schnell zur Nebensache. Sie ist dann doch nur Mittel zum Zweck, um später eine Reihe von Spielzeugen in Action zu zeigen.
Auftritt der komischen Puppen
Letztere sind dann auch der unstrittige Höhepunkt von Harvie and the Magic Museum. Während die menschlichen Designs des Films ungewöhnlich, wenn auch nicht unbedingt attraktiv sind – Harvey ist mit zwei enormen Glubschaugen gesegnet –, so strotzen die Puppen doch vor Charakter. Gerade zum Ende hin, wenn das Abenteuer ausufert und ganz andere Dimensionen annimmt, dürfen die Künstler ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Aber auch in den normalen Momenten, beispielsweise in der Stadt, beweisen sie immer wieder ihr Stilbewusstsein. Technisch ist das natürlich nicht auf dem Niveau der Bombastkollegen aus dem Westen. Aber es ist doch recht ansehnlich, was die Tschechen hier so aus dem Boden gestampft haben, der Beweis, dass Geld auch im Animationsleben nicht alles ist.
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