„Luna“, Deutschland, 2017
Regie: Khaled Kaissar; Drehbuch: Ali Zojaji, Ulrike Schölles, Alexander Costea; Musik: Heiko Maile, Christoph Zirngibl
Drehbuch: Lisa Vicari, Carlo Ljubek, Branko Tomovic, Rainer Bock
Nein, begeistert ist Luna (Lisa Vicari) nun wirklich nicht, als der Familienurlaub ansteht. Nicht nur, dass sie als Erste von der Party abhauen muss, weil ihr Vater in aller Herrgottsfrühe starten will. Nein, es bedeutet außerdem, sich die ganze Zeit von ihrem Vater kontrollieren zu lassen – und dafür ist sie mit 17 nun wirklich schon zu alt. Der Urlaub an der abgelegenen Hütte nimmt jedoch ein jähes Ende, als Unbekannte auftauchen und ihre ganze Familie ermorden. Sie selbst kann zwar fliehen, doch der finstere Victor (Branko Tomovic) ist ihr dicht auf den Fersen. Da trifft sie auf Hamid (Carlo Ljubek). Der rettet sie aus einer brenzligen Situation, gewährt ihr Zuflucht und behauptet, ein alter Freund ihres Vaters zu sein. Und das ist nicht die einzige Überraschung, die der Fremde für sie bereithält.
Es liegt in der Natur von Geheimagenten, dass sie im Geheimen agieren, sich in der Gesellschaft einfügen, ohne groß aufzufallen. Die Vorstellung, à la James Bond jeden Rock aufzureißen und durch die Gegend zu ballern, die ist dann doch ein wenig überholt. Das Thema eines Agenten, dessen eigene Familie keine Ahnung von dessen Tätigkeit hat – inspiriert von einem Vorfall im Jahr 2012 –, das ist dann auch ein an und für sich dankbares Thema für einen Film. Der Gedanke, dass ein Mensch, mit dem du dein ganzes Leben verbracht hast, jemand komplett anderes ist, da darf es einem schon kalt den Rücken hinunterlaufen.
Identitätssuche im Schatten der Lüge
Leider macht Luna aus der Materie jedoch herzlich wenig. Am eindrucksvollsten ist noch der Einstieg, wenn die unbekannten Männer wirklich kurzen Prozess mit der Familie machen. So schnell und nüchtern wird sonst nur selten gemordet. Auch später wird es zumindest eine Szene geben, in der Luna ihr komplettes Leben hinterfragt. Wenn der Vater in dieser Hinsicht gelogen hat, was stimmte dann überhaupt an ihm? Und was bedeutet das für ihre eigene Identität?
Diese wenigen Lichtpunkte werden aber von einem Thriller verdeckt, der es so gar nicht schafft, eine eigene Identität zu entwickeln. Dass die Figuren ohne große Persönlichkeit bleiben, ist bedauerlich, aber noch das kleinere Übel. Viel schlimmer ist, dass die Geschichte selbst so schnell die üblichen 08/15-Stationen abklappert, so als wäre Luna eine reine Pflichterfüllung. Hier passiert nichts, das sich nicht schon viel früher ankündigt oder Klischees entspricht. Ob es Doppelagenten sind, deren Schuldigkeit man von der ersten Szene an ahnt, oder die üblichen Fehler, die Protagonisten in solchen Filmen immer machen – das Langfilmdebüt von Regisseur Khaled Kaissar ist so unauffällig, als wäre er selbst in geheimer Mission unterwegs.
Unnötig ärgerlich
Ärgerlich wird es zudem zum Ende hin, wenn die Logiklöcher immer größer werden. Wenn sich keine Figur mehr annähernd nachvollziehbar verhält. Wenn Luna plötzlich auch die toughe Heldin ist, die der Film braucht, aber nicht erst erarbeiten wollte. Und das ist dann doch ziemlich schade, da Luna diverse sehenswerte Schauspieltalente im Kader hat, es an manchen Stellen auch schöne Bilder zu bestaunen gibt. Und der deutsche Genrefilm könnte sowieso ganz gut Verstärkung vertragen. Eine solche ist dieser Thriller aber nicht, da hätte dann doch noch ein ganzes Stück mehr passieren müssen. Immerhin verschwendet er keine Zeit dabei, mit rund 90 Minuten Länge ist er angenehm kurz und fokussiert.
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