Mein Engel
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Mein Engel

„Mon ange“, Belgien, 2016
Regie: Harry Cleven; DrehbuchHarry ClevenThomas Gunzig; MusikGeorge Alexander van Dam
Darsteller: Elina Löwensohn, Hannah Boudreau, Maya Dory, Fleur Geffrier

„Mein Engel“ erscheint am 26. Januar 2017 auf DVD und Blu-ray

Louise (Elina Löwensohn) ist die Geliebte eines Magiers, der die Kunst des Verschwindens beherrscht. Eines Tages nutzt er seinen eigenen Show-Act, um selbst für immer zu verschwinden. Die zurückgelassene Louise, zerstört vom Verlust und Verrat ihres Liebsten, bringt das gemeinsame Kind in einer Station für psychisch Kranke zur Welt. Sie nennt das Kind „mein Engel“, denn es ist unsichtbar. Isoliert von der Außenwelt zieht Louise ihr Kind groß, immer ermahnend, dass niemand sonst jemals von „mein Engel“ erfahren darf. Louises Zustand verschlechtert sich und „mein Engel“ beginnt, Kontakt zu dem Nachbarsmädchen Madeleine (Hannah Boudreau) aufzunehmen. Madeleine ist blind und doch sieht sie ihn – sie kann ihn berühren, riechen und hören, ohne zu wissen, dass er für ihre Augen unsichtbar wäre. Als Louise stirbt, ist „mein Engel“ auf sich allein gestellt und muss auch noch das Ende der Liebe zwischen sich und Madeleine befürchten, denn eines Tages verlässt sie die Stadt, um sich einer vielversprechenden Augenoperation zu unterziehen.

Perfekt gewählte Schauspieler neben einer Stimme ohne Körper
Wir erleben Madeleine im Laufe ihres Lebens in drei verschiedenen Altersstufen. Die Wahl der drei rothaarigen Schauspielerinnen ist absolut perfekt. Sowohl im Kindesalter, gespielt von Hannah Boudreau, als auch als Teenager (Maya Dory) und Erwachsene (Fleur Geffrier) behält Madeleine ihre Zartheit und ihr zerbrechliches Wesen. Daneben existiert nur die Stimme des zweiten Hauptdarstellers und die Fantasie der Zuschauer.

Wir sind neugierig auf diese Superhelden-Eigenschaft, unsichtbar zu sein. Was würden wir nur alles anstellen, Mäuschen spielen und Streiche aushecken. Genauso interessant sind die Fragen, wie ein solches Leben praktisch gesehen aussehen würde; wie isst oder trinkt der unsichtbare Engel, oder isst er überhaupt? Weder das eine noch das andere sind Bestandteil in Mein Engel. Fakten sind in diesem Film nicht wichtig und werden absichtlich nicht behandelt. Es ist wie ein Märchen, es geht nicht um Sinn und Verstand, sondern um Romantik, eine ganz spezielle Liebe unter den ungewöhnlichsten Zuständen. Daran muss man sich im Laufe des Films gewöhnen und darauf einlassen.

Warten auf den Höhepunkt des Films
Während wir Madeleine in unzähligen Nahaufnahmen kennenlernen und den wenig kindlichen, sondern eher poetischen Gesprächen lauschen, baut sich langsam eine leichte Spannung um die Frage auf, was mit dieser Beziehung wohl passiert, wenn Madeleine erfährt, dass „mein Engel“ unsichtbar ist. Allerdings wirklich sehr langsam – einige Szenen sind zu langatmig, manche sogar zu aufgesetzt. Die beiden führen fast schon philosophische Gespräche, Madeleines Stimme ist ein einziges Hauchen von bedeutungsschwangeren Gedichten. Wer hier kindlichen Humor erwartet, ist fehl am Platz.

Als Erwachsene werden die Szenen intimer. Madeleine trifft sich nach ihrer Rückkehr auf Wunsch von „mein Engel“ nur mit verbundenen oder geschlossenen Augen mit ihm und die beiden kommen sich näher. Sie sieht und spürt ihn wie früher, Madeleines Haut bewegt sich unter der Berührung der unsichtbaren Hände. Das wirkt etwas sonderbar, nicht gerade ästhetisch, jedoch weckt es die Aufmerksamkeit des Zuschauers und baut die Spannung etwas mehr auf. Als sie dann endlich ihre Augen öffnet, ist der Spannungshöhepunkt erreicht. Ab diesem Zeitpunkt stellt sich die Frage, ob diese Geschichte wirklich hätte erzählt werden müssen, was hart klingt, aber darauf zurückzuführen ist, dass man durch die Story nicht zufrieden gestellt wird – ganz egal ob das Ende positiv oder negativ ausfällt, oder wie auch immer – man spürt leider keine Bereicherung durch diesen Film. Als würde ein Teilstück fehlen – vielleicht der unsichtbare Held? Vielleicht war auch genau das gewollt, um dem Unsichtbaren eine Emotion zu verleihen.



(Anzeige)

"Mein Engel" ist ein zartes und sanftes Märchen, das mit wenig Handlung und viel Fantasie auskommt. An einigen langatmigen Stellen fragt man sich allerdings, ob diese Geschichte wirklich hätte erzählt werden müssen.
5
von 10