The Disaster Artist
© Warner Bros

The Disaster Artist

„The Disaster Artist“, USA, 2017
Regie: James Franco; Drehbuch: Scott Neustadter, Michael H. Weber; Musik: Dave Porter
Darsteller: James Franco, Dave Franco, Seth Rogen

The Disaster Artist
„The Disaster Artist“ läuft ab 1. Februar 2018 im Kino

Als sich Greg Sestero (Dave Franco) bei einer Schauspielschule einschreibt, dann weil er einen großen Traum hat: Hollywood! Dummerweise lässt seine Selbstsicherheit jedoch zu wünschen übrig, das mit der Bühnenpräsenz will irgendwie nicht so recht klappen. Doch dann trifft er Tommy Wiseau (James Franco), dessen ebenso großer Traum nur noch von dessen Ego übertroffen wird. Gemeinsam ziehen sie nach Los Angeles, um endlich richtig Karriere zu machen. Irgendwann müssen sie dabei feststellen, dass Hollywood nicht unbedingt auf sie gewartet hat. Aber kein Problem. Wenn die Leute Wiseau keinen Film anbieten, dann macht er den Film eben selbst. Das nötige Geld dafür hat er. Das mit dem nötigen Talent ist jedoch eine ganz andere Geschichte …

So richtig schlau wird man aus dem Filmphänomen James Franco ja nicht. Nicht nur, dass er wie ein Besessener Filme dreht – derzeit sind es rund zehn pro Jahr –, er kennt auch keine Grenzen bei dem Material. Oft suhl er sich in derbem Mainstream-Humor, egal ob nun als Verantwortlicher (The Interview) oder als bloßer Schauspieler (Why Him?). Gleichzeitig hat er aber auch ein Faible für das Abseitige und Kunstvolle, widmet sich in King Cobra einer schillernden Pornopersönlichkeit oder dreht mit Interior. Leather Bar. einen Film über das Filmemachen – anhand einer Doku-Fiktion über Cruising. In The Disaster Artist kommen beide Strömungen nun zusammen, das Komische und das Abseitige, verschmelzen zu einem Film, der mit Sicherheit zu dem Besten gehört, was der Amerikaner je gedreht hat. Und das ist schon etwas ironisch, wenn man bedenkt, dass die Vorlage zu dem schlechtesten gehört, was die jüngere Filmgeschichte beschert hat.

Ein Film, den es gar nicht hätte geben dürfen
15 Jahre wird The Room dieses Jahr alt, jener Film, mit dem Tommy Wiseau Geschichte geschrieben hat – wenn auch vielleicht nicht auf die Weise, wie er geplant hatte. Wenn Zuschauer enttäuscht sind von einem Film, sprechen sie ja ganz gern mal davon, dass er der schlechteste aller Zeiten war. Das ist dann in der Regel übertrieben, bei Wiseaus bizarrem Drama ist die Bezeichnung aber sicher nicht unverdient. Die Geschichte ergibt oft keinen Sinn, vergisst komplette Nebenhandlungen, leidet unter extremen Stimmungsschwankungen – und auch unter einer sehr eigenen Auffassung von Wiseau, was Schauspielerei eigentlich bedeutet.

Letztere wird auch in The Disaster Artist offenkundig: James Franco, der es sich mal wieder nicht nehmen ließ, auch gleich die Hauptrolle zu übernehmen, imitiert auf eine unfassbare Weise die diversen Ticks des Kultfilmemachers. Mit einem fantastischen Gespür von Komik gesegnet, kann man sich gar nicht sattsehen an seiner Performance. Völlig zurecht wurde er hierfür viele Male für Filmpreise nominiert, gewann sogar einen Golden Globe als bester Hauptdarsteller. Für viele war eine Oscarnominierung – die zweite nach 127 Hours – nur noch reine Formsache. Bis Franco von der #metoo-Kampagne eingeholt wurde.

Hommage mit viel Witz
Gut möglich, dass sein Porträt des umstrittenen Kollegen und das Quasi-Making-of des Kultstreifens deshalb so überzeugend ist, weil Franco in Wiseau einen Seelenverwandten fand. Die unbedingte Liebe zum Filmemachen, das Desinteresse an Normen oder einem Publikum, der Hang zu Egozentrik und Exzentrik – da haben sich wirklich zwei gefunden. So witzig der realitätsfremde Wiseau in The Disaster Artist auch dargestellt wird, Franco reduziert ihn nicht zu einer Witzfigur. Vielmehr ist der Film eine Hommage. Aber eben eine, bei der man selbst kaum aus dem Lachen herauskommt.

Fans der Kult-Vorlage dürfen sich hier besonders freuen. Während des Abspanns, der Originalszenen und nachgestellte nebeneinanderstellt. Während des Films, wenn wir bei den Dreharbeiten einiger besonders markanten Stellen von The Room dabei sein dürfen. Man muss Letzteren aber nicht gesehen haben, um The Disaster Artist genießen zu können. Ohnehin wird man hier nicht die Antworten vorfinden, die man sich vielleicht erhofft. Franco verzichtet darauf, Wisneau erklären zu wollen, der bis heute beharrlich verschweigt, wo er herkommt oder woher er das Geld für seinen Film hatte. Aber dieses Mysterium ist Teil des Charmes und des Spaßes: Gerade weil The Room und dessen Mastermind so unerklärlich sind, wie von einem anderen Stern wirken, wird man sich diesen noch in vielen Jahren anschauen, während viele bessere Filme längst in Vergessenheit geraten sind.



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So schlecht, dass es schon wieder Kult ist: „The Room“ schrieb mit dem unausgegorenen Drehbuch und bizarren Darstellungen Filmgeschichte. „The Disaster Artist“ nimmt sich des Machwerks an und erzählt, wie es eigentlich dazu kam. Richtige viele Antworten findet man darin zwar nicht, dafür macht die Hommage an einen außergewöhnlichen Film höllisch Spaß.
8
von 10