„The Lodgers“, Irland, 2017
Regie: Brian O’Malley; Drehbuch: David Turpin; Musik: Kevin Murphy, Stephen Shannon, David Turpin
Darsteller: Eugene Simon, Charlotte Vega
Rachel (Charlotte Vega) und ihr Zwillingsbruder Sean (Eugene Simon) sind es gewohnt, für sich zu bleiben. Seit ihrer Geburt schon leben die Geschwister zurückgezogen in einem abgelegenen Landhaus. Doch alles ändert sich, als ihre Eltern sich im nahen See ertränken. Nun heißt es, sich mit der Welt da draußen auseinandersetzen zu müssen, denn das Geld wird langsam knapp, lange werden sie nicht mehr so leben können. Als sich Rachel auch noch in einen Jungen aus dem Dorf verliebt, wächst in ihr das Verlangen, endlich ein eigenes Leben zu führen. Doch sie weiß, wie schwierig das sein wird. Denn wie schon auf ihren Vorfahren liegt auf den beiden ein Fluch, der sie zwingt, für immer in dem Haus zu bleiben.
Bald drei Jahre ist es her, dass uns der irische Regisseur Brian O’Malley mit seinem Spielfilmdebüt Let Us Prey das Fürchten lehrte. Da war es doch an der höchsten Zeit, dass er sich mal wieder zurückmeldet. Und es ist eine willkommene Rückkehr. Zwar bleibt der Filmemacher bei seinem zweiten Langfilm dem Horrorgenre treu. Anstatt wie beim letzten Mal das Folterwerkzeug hervorzuholen und Menschen links und rechts um Extremitäten und Leben zu erleichtern, geht er dieses Mal jedoch sehr zurückhaltend vor. Gesittet. Statt alptraumhaftem Splatter steht nunmehr gepflegter Grusel auf dem Programm.
Schauermächen alter Schule
Drehbuchautor David Turpin, eigentlich Literaturprofessor und Komponist, wendet sich hier dem klassischen Gothic Horror zu. So klassisch, dass man kaum glauben mag, dass es sich um eine Entwicklung des 21. Jahrhunderts halten soll. Das ist nun Stärke und Schwäche zugleich. Stärke, weil Turpin genau weiß, was sich bewährt hat. Wer Schauermärchen alter Schule mag, so wie man sie im 19. Jahrhundert noch schrieb, der fühlt sich hier wie zu Hause. Familienfluch, ein abgelegenes Gemäuer, Gerüchte und Geheimnisse – mehr braucht es nicht, um das Genreherz zu erfreuen.
Schade ist nur, dass der Beitrag der Fantasy Filmfest White Nights 2018 über längere Strecke auch nicht wirklich mehr macht als das. Eine junge Frau, die aus einer Familie entstammt, die keinen Kontakt zur Außenwelt hat und will, ein junger Mann, der das ändert, das funktioniert als Szenario, es braucht aber doch ein bisschen mehr als das. Dass besagter junger Mann ein Holzbein hat, kommt sicher unerwartet, hat auf die Geschichte selbst jedoch keinen Einfluss. Auch die unschönen Begegnungen mit den feindsinnigen Dorfbewohnern spielen keine echte Rolle – sie bedeuten lediglich, dass man als Zuschauer länger auf die Folter gespannt wird, was es denn mit dem Fluch und den unheimlichen Mitbewohnern auf sich hat.
Atmosphärisches Gemäuer, surreale Bilder
Versüßt wird diese Folter dafür von gelegentlichen, sehr atmosphärischen Momenten, in denen das Übernatürliche sich mal aus den Schatten hervorwagt. Auf brutale Jump Scares wird verzichtet, Brian O’Malley vertraut hier lieber auf Stimmung und unheimliche bis surreale Bilder. Vor allem zum Ende hin, wenn das Grauen auch eine poetische Natur annimmt, läuft The Lodgers zur Hochform an.
Zumal auch das Drumherum stimmt: Schauplatz ist ein heruntergekommenes Haus in Irland, in dem es auch im wahren Leben spuken soll. Da reicht es schon, die Kamera ein wenig schweifen zu lassen, damit sich im Sessel das dringende Bedürfnis einstellt, lieber noch ein zweites Mal hinter sich zu schauen. Und auch an den Darstellern ist nichts auszusetzen, Vega macht ihre Sache sogar ausgesprochen gut. Wenn zum Abschluss die Geschichte doch noch einen etwas unerwarteten Hafen einfährt, dann festigt sich der Eindruck eines kleinen Geheimtipps, der mit einem originelleren Mittelteil ein tatsächliches Highlight hätte werden können.
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