Thelma
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Inhalt / Kritik

Thelma
„Thelma“ // Deutschland-Start: 22. März 2018 (Kino) // 23. August 2018 (DVD/Blu-ray)

Ihr bisheriges Leben hat die junge Thelma (Eili Harboe) zurückgezogen in den norwegischen Wäldern verbracht. Entsprechend schwierig gestaltet sich der Neuanfang in Oslo, wo sie ihr Studium beginnen möchte. Den Umgang mit Menschen ist sie nicht so recht gewöhnt. Hinzu kommt, dass ihre streng religiösen Eltern (Ellen Dorrit Petersen, Henrik Rafaelsen) sie kontinuierlich überwachen und dem Unileben sehr misstrauisch gegenüberstehen. Erst als Thelma der attraktiven Kommilitonin Anja (Okay Kaya) begegnet, scheint sich für sie alles zum Guten zu wenden. Gleichzeitig hadert sie aber damit, ausgerechnet für eine Frau Gefühle zu entwickeln. Und dann wären da noch die eigenartigen Anfälle, unter denen Thelma plötzlich leidet und für die es keine einleuchtende Erklärung gibt.

Irgendwie scheint Joachim Trier nicht so recht an glückliche Familien glauben zu wollen. Schon bei seinem letzten Film Louder Than Bombs nahm er kunstvoll und eisig eine Familie auseinander, die anlässlich einer Retrospektive zu den Werken der verstorbenen Mutter zusammenkommt. In Thelma ist der Blick zwar tendenziell in die Zukunft gerichtet, auf eine junge Frau, die endlich auf eigenen Beinen stehen will. Aber auch hier mutet einem der norwegische Filmemacher einiges zu.

Der Horror hinter dem Alltag

Mit einer besonders heftigen Szene beginnt sein vierter Spielfilm sogar, eine Szene, die einen als Zuschauer selbst erstarren lässt. Und auch wenn später Hoffnungsschimmer aufkommen, Thelma Freunde findet und Zuneigung, das Werk bleibt sehr düster. Es braucht dafür noch nicht einmal die seltsamen Ereignisse, die Trier immer wieder einbaut und die Thelma zeitweilig zu einem Mysterythriller machen. Die eine oder andere Szene wäre auch in einem reinen Horrorfilm nicht fehl am Platz gewesen, nicht zuletzt aufgrund der bedrohlich grummelnden Musik, die Böses ahnen lässt.

Stärker aber noch als diese sehr symbolisch überfrachteten Schauermomente sind die Szenen, in denen Trier direkt bei seiner Protagonistin bleibt. Denn die ist auch so schon spannend genug. Wenn Thelma mit ihren Eltern telefoniert und anschließend mit anderen Jugendlichen unterwegs ist, ergibt sich mit der Zeit das komplexe Bild eines Menschen, der nicht weiß, wo er hingehört. Dafür ist Thelma auch zu sehr hin und her gerissen, zwischen ihren eigenen Bedürfnissen und Wünschen, die sie lange unterdrückt hat, und dem, was ihr die Eltern mitgegeben haben. Zwischen dem, was sie zu sein hat und dem, was sie wirklich ist.

Starke, animalische Schreie

Die Unterscheidung von beidem bzw. die Suche nach der eigenen Identität, die ist natürlich recht geläufig. Ebenso der Kampf gegen die elterlichen Fesseln. Dass Trier dieses mit Mystery- bzw. Horrorelementen anreichert, wäre nicht nötig gewesen, die starke Performance von Eili Harboe hätte die Geschichte auch in einem rein normalen Umfeld getragen. Aber es schadet auch nicht. Im Gegenteil: Ähnlich zu übersinnlichen Dramen wie When Animals Dream oder Shelley nutzt Thelma äußere Albträume, um innere Abgründe zu offenbaren, verborgene, animalische Begierden, die nach einem Ventil schreien. Man hört ihnen dabei auch gerne zu, da das „wie“ doch sehr fantasievoll geworden ist. Zwischenzeitlich tritt der Film etwas auf der Stelle, dafür sind andere Passagen ein wenig kurz. In der Summe ist die europäische Coproduktion jedoch die stimmungsvolle Abbildung einer jungen Frau, die gerade erwacht und verzweifelt um Kontrolle kämpft.

Credits

OT: „Thelma“
Land: Norwegen, Frankreich, Dänemark, Schweden
Jahr: 2017
Regie: Joachim Trier
Drehbuch: Joachim Trier, Eskil Vogt
Musik: Ola Fløttum
Kamera: Jakob Ihre
Besetzung: Eili Harboe, Okay Kaya, Ellen Dorrit Petersen, Henrik Rafaelsen

Bilder

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Eine junge Frau aus religiösem Haus fängt ein neues Leben in der Großstadt an, hadert mit dem Übergang, vor allem aber mit eigenartigen Vorkommnissen. Trotz gelegentlicher Tempoprobleme ist das sehr stimmungsvoll, teils auch richtig spannend. Vor allem aber die Hauptdarstellerin macht die eigenartige Mischung aus Psychodrama und Mysterythriller zu einer lohnenswerten und abgründigen Erfahrung.
7
von 10