Denmark
© Claus Lill Haagedorn

Denmark

„Danmark“, Dänemark, 2017
Regie: Kasper Rune Larsen; Drehbuch: Kasper Rune Larsen
Darsteller: Frederikke Dahl Hansen, Jonas Lindegaard Jacobsen, Jacob Skyggebjerg

„Denmark“ läuft im Rahmen der 68. Berlinale (15. bis 25. Februar 2018)

So richtig viel Gedanken machen sich Norge (Jonas Lindegaard Jacobsen) und Myre (Jacob Skyggebjerg) eigentlich nicht über ihre Zukunft. Sie leben in den Tag hinein, trinken Bier, kiffen ganz gerne mal oder erfreuen sich an bedeutungslosen One-Night-Stands. Als jedoch die 16-jährige Josefine (Frederikke Dahl Hanse) nach einem solchen Norge eröffnet, dass sie schwanger ist, muss er sein komplettes Leben überdenken. Soll er so weitermachen wie bisher? Oder will er sich doch einmal an einer echten Beziehung versuchen? Aber auch Josefine befindet sich dadurch an einem Scheideweg. Denn eigentlich würde sie gern abtreiben. Doch das geht bei einer Minderjährigen nicht so einfach.

Man muss sich hier manchmal schon mehrfach vergewissern, dass es sich bei Denmark um einen Spielfilm handelt. Ein zweites Mal. Ein drittes Mal. So authentisch ist das Drama um eine jugendliche Beziehung geworden, dass man ihm durchaus auch abnehmen würde, ein Dokumentarfilm zu sein. Das ist erst einmal ein großes Kompliment. Regisseur Kasper Rune Larsen und seinen beiden jungen Darstellern ist es geglückt, einen sehr überzeugenden, naturalistischen Blick auf die zwei Protagonisten zu werfen.

Schön ist der Blick weniger. Gerade die ungehemmt herumwirbelnde Handkamera und die wenig polierten Bilder greifen das Auge nach einer Weile gehörig an. Aber auch inhaltlich ist Denmark weit von einem idealistischen Porträt der Jugendlichen entfernt. Sie haben keine Perspektive, zeigen wenig Verantwortungsbereitschaft. Sie sind nicht einmal besonders sympathisch. Figuren aus einer Nachmittags-Talk-Show, deren alltägliches Unglück nicht unbedingt zum Mitfühlen einlädt. Dafür gibt es einfach nicht genügend liebenswerte Eigenschaften.

Alles wird gut?
Und doch werden beide eine Verwandlung mitmachen, in sich selbst und füreinander. Es sind die schönsten Momente in diesem Beitrag der Berlinale 2018, wenn Norge und Josefine versuchen, ein Paar zu sein, eines zu werden. Was das bedeutet, wissen sie selbst nicht so genau. Sollen wir uns jetzt küssen? Verbringen wir unsere Zeit zusammen? Larsen, der auch das Drehbuch schrieb, führt uns vor Augen, was es bedeutet, in diesem Alter die ersten kleinen Schritte zu gehen. Die Unsicherheit, die damit einhergeht, wenn da plötzlich ein Mensch ist, den man gern hat, der irgendwie aber nicht so richtig hineinpasst in das bisherige Konzept. Vieles davon wird nicht ausformuliert, Blicke oder Schweigen übernehmen die Funktion der Kommunikation.

Die ganz großen Erkenntnisgewinne springen dabei nicht heraus, weder für die Protagonisten, noch das Publikum. Aber das ist schon okay, schließlich stehen die beiden am Anfang. Da bleibt noch viel Zeit, um etwas Größeres daraus zu machen oder beim Versuch zu scheitern. Von einer etwas unnötigen Wendung im weiteren Verlauf einmal abgesehen ist Denmark ein angenehm unaufgeregtes Jugenddrama, das sich an der einen oder anderen Stelle ein wenig zieht, insgesamt aber dann doch irgendwie sympathisch geworden ist.



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Eine Jugendliche wird nach einem One-Night-Stand schwanger, was nicht nur sie in eine Sinnkrise stürzt. „Denmark“ zeigt nicht zuletzt aufgrund der talentierten Nachwuchsdarsteller sehr authentisch, was es heißt, als Jugendlicher emotional erste Schritte zu gehen. Die Handkamera irritiert jedoch, zudem hat das Drama doch so seine kleineren Längen.
6
von 10