Human Space Time and Human
© Kim Ki-duk Film

Human, Space, Time and Human

„Inkan, gongkan, sikan grigo inkan“, Südkorea, 2018
Regie: Ki-duk Kim; Drehbuch: Ki-duk Kim; Musik: In-young Park
Darsteller: Mina Fujii, Keun-suk Jang, Sung-ki Ahn, Sung-jae Lee, Seung-bum Ryoo, Ki-youn Sung

Berlinale 2018 Poster
„Human, Space, Time and Human“ läuft im Rahmen der 68. Berlinale (15. bis 25. Februar 2018)

Lange haben wir darauf warten müssen, zu lange, bis es hierzulande mal ein neues Lebenszeichen von Ki-duk Kim gab. Vier Jahre sind es genauer seit der Veröffentlichung von Moebius, die Lust, das Messer. Gedreht hat der südkoreanische Regisseur und Drehbuchautor auch im Anschluss fleißig, es fand sich nur kein deutscher Verleih, der sich seiner Filme annehmen wollte. Gut möglich, dass man keinen Markt für die Werke sah, die zunehmend düsterer und nihilistischer wurden – ein Trend, der sich auch im neuesten Baby des Filmemachers fortsetzt.

Es dauert nur wenige Minuten, da haben sich die Passagiere des riesigen Schiffes bereits in den Haaren. Ein Trio aus Prostituierten will sich nicht einfach damit abfinden, dass der Senator (Sung-jae Lee) und sein Sohn Adam (Keun-suk Jang) in einer Luxussuite übernachten, während alle anderen nur einfache Kabinen bekommen. Auch Takahashi (Joe Odagiri) und seine Freundin Eve (Mina Fujii) mischen sich in den Streit ein. Erfolglos. Der Senator wird von einer Gangsterbande begleitet, dessen Anführer (Seung-bum Ryoo) jedem das Messer an den Hals hält, der sich widersetzt. Und dafür wird es in den folgenden Tagen viele Anlässe geben, vor allem als plötzlich das Meer verschwindet, das Schiff durch die Luft fliegt und die Vorräte knapp werden.

Über den Wolken gibt es keine Erklärungen
Nein, einfach macht es einem Ki-duk nicht. So fehlen beispielsweise Erklärungen oder auch jede Form von Einführung. Man erfährt nicht, weshalb all diese Menschen eine Fahrt auf einem Kriegsschiff antreten. Auch die Namen bleiben – von Takahashi einmal abgesehen – ohne jegliche Erwähnung. Warum dieser und Eve Japanisch reden, alle anderen Koreanisch, und trotzdem jeder jeden versteht, das verstehe wer will. Der alte Mann treibt ohnehin ganz seltsame Dinge, ohne dass je verraten wird, warum er überhaupt auf dem Schiff ist. Ganz zu schweigen davon, dass der Südkoreaner nach einiger Zeit das Meer verschwinden lässt. Einfach so. Weil er es kann.

Es sind dann auch nicht die Mystery-Elemente, welche den Film bestimmen. Kim nutzt diese vielmehr als reines Setting, um eine ganz andere Geschichte zu erzählen, die trotz der fantastischen Anmutung sehr irdisch ist. Und eigentlich auch sehr bekannt. In Pieta zeigte uns der Regisseur seine Heimat von einer düsteren bis scheußlichen Seite. Eine Gesellschaft, in der jeder nur an sich denkt, Momente der Hoffnung rar bleiben. In Human, Space, Time and Human, das seine Weltpremiere auf der Berlinale 2018 feierte, geht er noch einen Schritt weiter. Menschen sind hier auch nur Tiere, die man abschlachten oder aufeinanderhetzen kann. Wer die Macht hat, hat die Würde und das Essen. Der Rest? Kann froh sein, wenn er überhaupt noch lebt, so irgendwie.

Von Tiefpunkten und Tiefschlägen
Zwischenzeitlich erinnert der Film an die vielen anderen, in denen Menschen zu einem Überlebenskampf gezwungen werden – etwa Battle Royale oder Das Belko Experiment. Der stärkere gewinnt, alternativ auch der schlauere oder schnellere. Manchmal der mit den besten Beziehungen oder dem schönsten Körper. Das ist nicht unbedingt subtil erzählt, neigt auch zu Wiederholungen, die die Geschichte etwas unnötig auf zwei Stunden anwachsen lassen. Nach kleineren Hängern im Mittelteil dreht Human, Space, Time and Human dafür später noch einmal richtig auf, mischt das Bizarre mit dem Bestialischen, garniert das Ganze mit christlichen Symbolen im Überfluss und verpasst es nicht, dem Zuschauer im richtigen Moment noch einen richtigen Tiefschlag zu verpassen. Vielleicht ist es daher dann doch ganz gut, dass die Wartezeit so lange war. Denn wenn Kim häufiger mit solchen Geschichten ankommen würde, der Glaube an die Menschheit wäre ebenso verschwunden wie das Meer.



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In seinem neuesten Werk mutet der südkoreanische Filmemacher Ki-duk Kim dem Publikum eine ganze Menge zu. Er mag in „Human, Space, Time and Human“ seine übliche Gesellschaftskritik mit fantastischen Elementen und christlicher Symbolik angereichert haben, ist dabei aber noch pessimistischer als zuvor. Zwischenzeitlich schwächelt der Survival Trip ein wenig, bleibt aber mit seiner Mischung aus Bizarrem und Bestialischen doch unvergesslich.
8
von 10