Koenigin von Niendorf
© Darling Berlin

Königin von Niendorf

„Königin von Niendorf“, Deutschland, 2017
Regie: Joya Thome; Drehbuch: Joya Thome, Philipp Wunderlich; Musik: Conrad Oleak
Darsteller: Lisa Moell, Mex Schlüpfer

Koenigin von Niendorf
„Königin von Niendorf“ läuft ab 15. Februar 2018 im Kino

Irgendwie werden die anderen alle immer komischer. Das findet zumindest Lea (Lisa Moell), die  nicht mehr so richtig gut mit ihren Freundinnen klarkommt. Dass sie zum ersten Mal seit Langem nicht mehr mit ihnen ins Sommercamp fährt, macht ihr deshalb auch gar nicht so wahnsinnig viel aus. Aber womit soll sie stattdessen die langen Ferien überstehen? Sicher, da gibt es den Aussteiger Mark (Mex Schlüpfer). Aber der ist oft mit etwas anderem beschäftigt. Da beobachtet Lea eines Tages eine Gruppe Jungs, die sich am See amüsieren und sogar ein eigenes Baumhaus haben. Darauf hätte sie selbst ja auch schon Lust. Dumm nur: In der Gruppe sind keine Mädchen erlaubt. Um doch noch dort aufgenommen zu werden, muss sie eine Mutprobe ablegen. Denn nur so kann sie beweisen, dass sie wirklich keine Angst hat.

Ein bisschen ironisch kommt einem der Titel ja schon vor. Denn von einer Königin ist Lea zumindest zu Beginn des Films weit entfernt. Ihre Freundinnen unternehmen lieber etwas ohne sie, die Jungs wollen sie beim Spielen nicht dabeihaben. Eigentlich interessiert sich keiner so wirklich für sie. Und so verbringt sie die Zeit manchmal mit Mark, oft alleine, streift umher, schaut sich die Welt ganz aus der Nähe an. Verdenken kann man ihr das nicht, der Sommer in dem kleinen Niendorf mag erst einmal nicht besonders aufregend wirken. Aber man kann schon eine Menge in ihm entdecken, in den Feldern, am Wasser, in den Bäumen.

Ein Sommer, wie er früher einmal war
Das würde zunächst als Liebeserklärung an die Natur durchgehen. Als eine Art Heimatfilm, der ausnahmsweise mal nicht in den Bergen, sondern weiter nördlich spielt. Königin von Niendorf ist aber vor allem eine Liebeserklärung an die Kindheit. Wenn wir den Sommer mit Lea und den anderen verbringen, dann lernen wir wieder, die Welt mit großen staunenden Augen zu sehen. Altmodisch ist es, geradezu anachronistisch, wie sich die Kinder an den einfachen Dingen im Leben erfreuen. Hier braucht es keine Fernseher, keine Smartphones, keine virtuellen Freundschaften, um Spaß zu haben. Da reichen Fahrräder, mit denen man die Umgebung erkundet. Oder eben das Baumhaus, wo man ganz unter sich bleiben kann.

Regisseurin und Co-Autorin Joya Thome gelingt es dabei sehr schön, die spezielle Magie dieses Alters in Bilder zu fassen und das Publikum mit auf ein großes, kleines Abenteuer zu nehmen. Größere pädagogische Erkenntnisse für den weiteren Lebensweg enthält der Film nicht gerade. So manches Elternteil wird sogar entsetzt sein, wie die Kinder hier sich selbst überlassen werden, alles mögliche ausprobieren und sich dabei auf fahrlässige Weise in Lebensgefahr bringen. Man sollte vielleicht dann doch nicht jeden Unfug nachmachen, den sich die Kinder hier ausdenken.

Rundum gelungen
Was aber auf alle Fälle nachahmungswert ist, das ist die Frische und die Authentizität, mit der hier an die Arbeit gegangen wird. Vor allem Lisa Moell ist eine echte Entdeckung, die einen immer wieder mitreißt. Ein kleinerer Nebenstrang um das dunkle „Geheimnis“ des Feuerwehrmanns eher gut gemeint denn wirklich überzeugend. Ansonsten aber ist Königin von Niendorf ein rundum gelungener Kinderfilm, der nach einer kleinen Filmfesttournee jetzt endlich auch die regulären Kinos erreicht.



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Freundinnen doof, Sommerferien doof, alles doof? Nicht ganz. Bei „Königin von Niendorf“ wird aus einer potenziell langweiligen Zeit ein großes, kleines Abenteuer, das uns lehrt, die Welt wieder durch die Augen eines Kindes zu entdecken. Das ist wunderbar altmodisch und unerschrocken, dazu noch mitreißend gespielt.
8
von 10