Maria Magdalena
© Universal Pictures

Maria Magdalena

„Mary Magdalene“, UK, 2018
Regie: Garth Davis; Drehbuch: Helen Edmundson, Philippa Goslett; Musik: Jóhann Jóhannsson, Hildur Guðnadóttir
Darsteller: Rooney Mara, Joaquin Phoenix, Chiwetel Ejiofor, Tahar Rahim

Maria Magdalena
„Maria Magdalena“ läuft ab 15. März 2018 im Kino

Sie hat ein unglaubliches Talent dafür, anderen Frauen bei der Geburt ihrer Kinder zu helfen. Doch für sich selbst wäre das das falsche Schicksal, das fühlt Maria (Rooney Mara) tief in ihrem Inneren. Sie verweigert sich der geplanten Ehe, zieht sich lieber allein zum Beten zurück, in der Hoffnung, Gott möge ihr den Weg zeigen. Da taucht eines Tages Jesus (Joaquin Phoenix) auf, ein umherziehender Prediger, von dem die unglaublichsten Gerüchte im Umlauf sind. Schnell verfällt Maria dem Charisma des Fremden und macht sich mit ihm und seinen Jüngern – darunter Petrus (Chiwetel Ejiofor) und Judas (Tahar Rahim) – auf den Weg nach Jerusalem, um ein neues Königreich zu errichten.

Der Zeitpunkt ist denkbar günstig gewählt, um Maria Magdalena in die Kinos zu bringen. Nicht nur, dass die vorösterliche Zeit immer gern genutzt wird, um Filme mit christlicher Thematik zu zeigen – siehe etwa Auferstanden oder Der junge Messias. Die Chancen stehen zudem nicht schlecht, dass der Film von der aktuellen #metoo-Kampagne profitieren könnte. Nachdem Frauen in Hollywood wie auch anderswo viel zu lange benachteiligt, wenn nicht gar missbraucht wurden, schreit die Welt geradezu nach weiblichen Filmperspektiven und Rehabilitationen. Und wer würde sich dafür besser anbieten als Maria Magdalena, die Jahrhunderte lang als Hure beschimpft wurde, obwohl sie eine der treuesten Begleiterinnen Jesu gewesen sein soll?

Bekannte Namen, so weit das Auge blickt
Aber selbst wer dieser neuen Geleichberechtigungsbewegung gleichgültig gegenübersteht oder auch mit religiösen Motiven nichts anfangen kann, findet hier genug Gründe, reinschauen zu wollen. Rooney Mara, Joaquin Phoenix, Chiwetel Ejiofor und Tahar Rahim, das ist schon eine extrem prominente und talentierte Besetzung für einen solchen Streifen. Regie führte zudem Garth Davis, der zuletzt das mehrfach oscarnominierte Drama Lion – Der lange Weg nach Hause inszeniert hat. Auch dort nahm sich der Australier einer auf wahren Begebenheiten beruhenden Geschichte an. Da dürfen die Erwartungen schon einmal etwas höher sein.

Erfüllt werden diese Erwartungen jedoch nicht. Wenn Maria Magdalena eines beweist, dann das: Talent allein reicht nicht aus, wenn man keine Idee hat, wie dieses genutzt werden könnte. Denn eigentlich ist der Film eine unglaubliche Mogelpackung. Ja, der Name der zu Unrecht Verunglimpften steht auf dem Plakat. Und die Geschichte beginnt ja auch mit ihr, wie sie sich gegen die Bevormundung ihrer Familie auflehnt und stattdessen ihren eigenen Weg sucht. Warum die Familie sie als Schande bezeichnet, wenn sie sich zum Beten zurückzieht, wird zwar nie plausibel erklärt. Aber es geht hier ja ums Prinzip. Das gibt ein paar Sympathiepunkte, grundsätzlich wie auch im Kontext des Films.

Folgsam, wie es sich für eine gute Frau gehört
Allerdings interessiert sich das Biopic im Anschluss selbst überhaupt nicht mehr für sie. Wir sehen, wie sie zwei Stunden lang durch die Gegend stapft, meist mit traurigem Blick, ohne etwas Nennenswertes zu tun oder zu sagen. Die für sich in Anspruch genommene weibliche Perspektive, sie fehlt hier völlig. Schlimmer noch: Während Maria zu Beginn noch als selbstständig agierendes Individuum gezeigt werden soll, wird sie im Anschluss zu einem Anhängsel von Jesus degradiert. Sie hängt an seinen Lippen, wohl auch aus romantischen Gefühlen heraus, wie zumindest an einer Stelle angedeutet wird. Die feministischen Bestrebungen werden ad absurdum geführt, auch diese Frau funktioniert allein im Kontext eines Mannes. Es muss nur eben der richtige sein.

Warum sie ausgerechnet Jesus verfällt, wird aber ebenfalls nicht klar. Phoenix’ Rolle beschränkt sich darauf, mit zotteligem Bart und glasigen Augen von einer besseren Welt zu träumen, ohne dass er jemals dabei konkret würde. Oder ein Charakter. Letzteres kann allenfalls Judas für sich in Anspruch nehmen, der hier zu einem emotional instabilen und tragischen Träumer wird, der aus Schmerz heraus den Messias verrät. Das ist zumindest eine interessante Lesart, macht diese Figur zu der komplexesten des gesamten Films. Das muss jedoch leider nicht viel heißen, denn dafür ist das hier zu oberflächlich, zu gleichförmig, zu plump erzählt und letztendlich auch zu langweilig. Lediglich die Musik des kürzlich verstorbenen Ausnahmekomponisten Jóhann Jóhannsson (Arrival) sticht hier noch hervor, da sie zwischen einem aufdringlichen Pathosscore und Klängen wechselt, wie sie eigentlich in einem Horrorfilm zu hören sein sollten. Das passt dann auch zu den durchgängig düsteren und kargen Bildern, denen wir immerhin eine entsprechende Atmosphäre verdanken. Dafür zwei Stunden seines Lebens opfern zu wollen, rechtfertigt das dann aber kaum, Maria Magdalena ist angesichts des immensen Potenzials eine der größten Enttäuschungen, die das Kinojahr 2018 bislang bereithält.



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Die Idee ist reizvoll: Die Geschichte von Jesus aus der Perspektive von Maria Magdalena zu erzählen, das verspricht spannende Einblicke. Diese bleiben letztendlich aber aus. Trotz der atmosphärischen Bilder und des geballten Talents vor und hinter der Kamera ist „Maria Magdalena“ eine herbe Enttäuschung, die dem bekannten Inhalt keine neuen Seiten abgewinnt, bei den Figuren an der Oberfläche bleibt und nicht einmal so feministisch-fortschrittlich ist, wie der Titel behauptet.
4
von 10