„On the Milky Road“, Serbien/UK/USA, 2016
Regie: Emir Kusturica; Drehbuch: Emir Kusturica; Musik: Stribor Kusturica
Darsteller: Emir Kusturica, Monica Bellucci, Sloboda Micalovic
Milchmann Kosta (Emir Kusturica) reitet von Tag zu Tag auf einem Esel entlang der Front des Bürgerkrieges, um die Soldaten mit frischer Milch zu versorgen. Kosta ist sonderbar, „gestört“ würden seine Kameraden sagen. Als Kind musste er zusehen, wie sein Vater mit einer Kettensäge enthauptet wurde. Er ist eigentlich Musiker, spielt für die Tiere um sich herum; für den Falken, den er seinen Bruder nennt. Die frische Milch erhält er von Milenas (Sloboda Micalovic) Kühen. Milena, eine selbstbewusste, robuste, dennoch attraktive Turnerin hat sich in Kosta verliebt und will ihn unter allen Umständen heiraten. Die Hochzeit soll eine Doppelhochzeit werden – ihrem Bruder, einem Kriegshelden in Afghanistan, kauft sie dafür eine Braut (Monica Bellucci). Vom ersten Anblick an war es um Kosta geschehen und auch „die Braut“ fühlt sich zu ihm hingezogen. Erwischt von Milena brennen die beiden durch und werden von ihrer Vergangenheit eingeholt. „Die Braut“ wird von ihrem Ex verfolgt und gejagt und trotz Beendigung des Krieges beginnt ein langer Kampf …
Ein folkloristisches Märchen über Krieg und Liebe
Gänse baden im Blut eines geschlachteten Schweins, ein Falke frisst eine Schlange und knallt damit mitten in einen fliegenden Hubschrauber, die blutgetränkten Gänse sind voller Fliegen – die ersten Minuten des Films sind verwunderlich. Es ist nur eine Traumsequenz, und doch sind ein paar Wahrheiten enthalten. Die Story um Kosta, den Milchmann, beginnt mit einer Begegnung mit seinem Bruder, dem Falken, der zu Kostas Musik zu tanzen scheint. Den gesamten Film hindurch erlebt Kosta eine fantastische Verbundenheit zu Tieren jeder Art. Eine Komödie, definitiv, wären da nicht die tragischen Elemente des Krieges und der Flucht. Kosta, der so unbefangen und schüchtern wirkt und nur mit einem Regenschirm geschützt durch das Kugelfeuer reitet, entpuppt sich als das tragischste Element in diesem Film, welches ihm, neben der doch einfachen Story, Tiefe verleiht.
Physikalische Gesetze spielen in On the Milky Road, ebenso wie Sinn und Verstand, keine Rolle. Special Effects werden zwar eingesetzt, aber eher amateurhaft. Hier können Menschen fliegen, Falken tanzen, Schlangen trinken Milch, und nicht der Bär beißt, sondern die Turmuhr. Eine skurrile Fabel, hektisches Umherspringen zwischen Ereignissen und überschwingliche Emotionen, alles hüpft so schnell vor unserem Auge umher wie die schwarzweiß-Filme in den 30er Jahren.
Gedacht als Kunstwerk, nicht als sinnvolle Geschichte
Bunte Bilder, folkloristische Musik, gepaart mit der überzeugenden Schönheit Monica Bellucci und einer tragischen Liebe lassen ein gemaltes Kunstwerk entstehen, das in den Köpfen bleibt. Dem roten Faden des Plots konzentriert zu folgen, ist nicht unbedingt nötig. Kusturica setzt auf Wiedererkennungswert und die Verbildlichung von Krieg für unsere Erinnerung. Dazu tragen neben den skurrilen Elementen auch grausame Bilder bei. Nicht für jedes Gemüt sind Szenen von lebendig verbrannten Menschen, vom Falken ausgepickte Augen und explodierende Schafe geeignet.
Die Einblendung ganz am Anfang des Films „erzählt nach drei wahren Geschichten und viel Fantasie“ bringt es auf den Punkt. Ein bisschen Historie, ein Mix aus wahrhaftig Geschehenem und der ganze große Rest ist ein buntes Märchen. Fast die Hälfte des Filmes handelt von der Flucht der beiden Geliebten, trotz spannender Szenen zieht sich dieser Teil des Films doch sehr. Insgesamt lässt sich sagen, dass On the Milky Road keine leichte Kost ist. Wer Filme von Emir Kusturica kennt und mag, wird sich an den typischen Kusturica-Elementen freuen, die Story ist allerdings etwas zu lang gezogen und nicht ausreichend komplex, wie wir es normalerweise von ihm gewohnt sind.
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