„The Dark Half“, USA, 1993
Regie: George A. Romero; Drehbuch: George A. Romero, Paul Hunt, Nick McCarthy; Musik: Christopher Young
Darsteller: Timothy Hutton, Amy Madigan, Michael Rooker, Julie Harris
Thad Beaumont (Timothy Hutton) genießt als Autor das Beste aus zwei Welten. Seine Romane werden von Kritikern gefeiert. Gleichzeitig macht er unter dem Pseudonym George Stark mit Horrorbüchern so viel Geld, dass er, seine Frau Liz (Amy Madigan) und die beiden Zwillinge ein sehr angenehmes Leben führen. Doch eben dieses ist in Gefahr, als jemand hinter sein Geheimnis kommt und den Schriftsteller zu erpressen versucht. Anstatt sich darauf einzulassen, macht Thad das genaue Gegenteil: Er geht selbst an die Öffentlichkeit und beerdigt medienwirksam sein schriftstellerisches Alter Ego. Diese Entscheidung stellt sich jedoch bald als fatal heraus, als in Folge eine Reihe grausamer Morde verübt werden. Während alle Indizien auf Thad hinweisen, ist sich dieser sicher: George Stark ist zum Leben erweckt und steckt hinter den Gräueltaten.
Derzeit haben es Fans von Stephen King ja richtig gut, zumindest solche, die seine Werke gern auch als Filmadaption sehen. Nach dem Sensationserfolg von Es stehen diverse weitere Verfilmungen in den Kino-Startlöchern, neue wie alte Adaptionen kommen in den Handel, viele erstmals auf Blu-ray. Zeitgleich wurden für einige der älteren Filme die Indizierungen aufgehoben, sodass sie endlich in der Fassung erscheinen dürfen, wie der Horrorgott sie schuf. Einer davon ist Stark – The Dark Half, der mehr als zwei Jahrzehnte auf dem Index stand und die Tage erstmals ungeschnitten veröffentlicht wurde.
Ich kann gar nicht hinsehen!
Im Gegensatz zu Kinder des Zorns, welches ebenfalls letztes Jahr vom Index genommen wurde, ist hier zumindest klar, weshalb der Film sich dort überhaupt befunden hat. Schon eine der ersten Szenen, wenn Thad sich nach seltsamen Vorkommnissen einer Operation unterzieht, fordert einen etwas stärkeren Magen. Und auch zum Schluss wird der von Zombie-Altmeister George A. Romero (Die Nacht der lebenden Toten, Dawn Of The Dead) inszenierte Streifen auf eine recht unappetitliche Weise explizit. Dazwischen jedoch gibt es nur wenig Grund, den Blick vom Bildschirm abzuwenden. Zumindest nicht wegen der Gewaltdarstellungen.
Gründe hinzuschauen gibt es dafür einige. Oscar-Preisträger Timothy Hutton zum Beispiel. Der brilliert hier in einer Doppelrolle als guter Thad und böser George, tritt unterstützt durch eine nicht mehr ganz überzeugende Maske so unterschiedlich auf, dass man anfangs gar nicht realisiert, dass es sich zweimal um denselben Schauspieler handelt. Die anderen Darsteller sind immerhin solide, im Rahmen der wenig fordernden Rollen, die sie ausfüllen müssen. Erwähnenswert ist allenfalls die Genreveteranin Julie Harris (Bis das Blut gefriert) als obligatorischer Bücherwurm im fortgeschrittenen Alter, der dem Protagonisten auf den richtigen Pfad hilft.
Wer ist der Mörder?
Über längere Zeit lässt The Dark Half nämlich erst einmal offen, was hier genau gespielt wird. Ist doch noch etwas von dem Zwilling übrig, der als Kind aus Thad herausoperiert wurde? Leidet Thad unter einer gespaltenen Persönlichkeit? Oder ist tatsächlich sein Pseudonym zum Leben erweckt? Es ist die spannendere der beiden Hälften, der Mystery-Part steht dem Film ziemlich gut. Sobald aber erst einmal die mörderische Katze aus dem Sack ist, baut die Geschichte doch spürbar ab. Das Ende ist interessant, auf eine bizarre Art und Weise, die Idee dahinter wird jedoch kaum genutzt und kümmert sich wenig um die nach wie vor offenen Fragen.
Spannend ist The Dark Half insgesamt aber schon, umso mehr, wenn man sich des biografischen Hintergrunds bewusst ist. In vielen seiner Geschichten verarbeitete Stephen King eigene Erfahrungen oder ließ sie zumindest hineinfließen. Dass die Arbeit als Autor auch dämonische, finstere Seiten enthält, das lassen mehrere Bücher durchschimmern – auch in Shining und Es finden sich Schriftsteller unter den Protagonisten. Und natürlich spielt The Dark Half mal wieder in Maine, Kings eigener Heimat. Und doch ist das hier noch ein wenig persönlicher und autobiografischer. Da wäre Kings eigene Vorgeschichte mit dem Pseudonym Richard Bachman – auch hier wurde das Geheimnis entdeckt, der fiktive Autor litt ebenso wie Thad unter einem Gehirntumor, der entfernt werden musste. Und natürlich sind da auch Kings innere mit viel Alkohol gefütterten Dämonen, unter denen er in den 1980ern litt. Das Doppelgängermotiv, mit dem King hier spielt, erhält auf diese Weise eine weitere Dimension, die dem Film an sich zwar nicht viel weiterhilft, die einen das Geschehen doch aber mit anderen Augen sehen lässt.
(Anzeige)