„Den utrolige historie om den kæmpestore pære“, Dänemark, 2017
Regie: Philip Einstein Lipski, Amalie Næsby Fick, Jørgen Lerdam
Drehbuch: Bo Hr. Hansen, Philip Einstein Lipski, Amalie Næsby Fick; Vorlage: Jakob Martin Strid; Musik: Fridolin Nordsø
Die Bewohner von Sunnytown lieben ihren Bürgermeister H. B., der für alle ein offenes Ohr hat und immer offen ist für eine kleine Partie Yahtzee. Oder es zumindest war. Denn als er sich eines Tages auf den Weg zu einem wichtigen Treffen macht, verschwindet er spurlos. Nachdem die umfangreiche Suchaktion ohne Erfolg bleibt, schickt sich sein Vizebürgermeister Twig an, das Amt zu übernehmen und endlich das neue Rathaus zu bauen. Da fällt Mika und Sebastian eine Flaschenpost in die Hände, die nicht nur einen Brief von H. B. enthält, sondern auch einen seltsamen Samen. Aus dem wird über Nacht wie durch Hexerei eine Birne. Die ist nicht nur besonders groß und saftig, sondern eignet sich auch bestens als Boot, um den Vermissten zu suchen – der Auftakt für ein großes Abenteuer, das die beiden Freunde zusammen mit dem exzentrischen Professor Glykose überstehen müssen.
Moment, eine Überfahrt an Bord einer riesigen Frucht? Da dürfte der eine oder andere natürlich an James und der Riesenpfirsich denken – sei es das Kinderbuch von Roald Dahl aus dem Jahr 1961 oder die 1996er Adaption als Stop-Motion-Film. Bei Die unglaubliche Geschichte von der Riesenbirne handelt es sich jedoch nicht um eine Neuauflage davon. Vielmehr bildet hier ein Buch des dänischen Autors, Zeichners und Karikaturisten Jakob Martin Strid die Grundlage. Und auch wenn die Elemente sich natürlich ähneln, die Zielgruppe ebenfalls etwas jünger angesetzt ist, so macht die skandinavische Variante doch ebenfalls viel Spaß und beweist dabei auch jede Menge Eigensinn.
Es gibt nichts, das es nicht gibt
Zunächst einmal wirft Die unglaubliche Geschichte von der Riesenbirne auch noch das letzte bisschen Realität aus dem Bullauge. In Sunnytown leben Menschen mit sprechenden Tieren zusammen, die Proportionen haben nichts mit denen gemeinsam, die wir so kennen. Ein Elefant, der so klein wie eine Katze ist? Warum eigentlich nicht. Und da ist nur der Anfang einer Geschichte, die zunehmend skurriler wird, teilweise fast schon surreal. Diese Entwicklung ist auch durch die diversen Figuren bedingt, denen das Trio unterwegs begegnet. Wer viel Zeit allein auf dem Meer verbringt, der wird schon mal ein wenig wunderlich.
Oder einsam. Strids Überseefahrt gerät zwischenzeitlich in emotionale Gewässer, bringt eine erstaunliche Portion Tragik mit an Bord. Zu viel Tiefgang sollte man dennoch nicht erwarten. In den 75 Minuten, die der Beitrag der Berlinale 2018 dauert, reicht die Zeit nicht, um den Figuren große Hintergrundgeschichten zu verpassen. Und ohnehin soll den jungen Zuschauern nicht zu viel zugemutet werden, selbst in den traurigen und düsteren Phasen bleibt es kindgerecht. Hier heißt es einfach mal akzeptieren, was passiert, und mit großen Augen die wundersame Welt anzuschauen.
Es muss nicht immer Bombastoptik sein
Zu sehen gibt es in Die unglaubliche Geschichte von der Riesenbirne nämlich eine ganze Menge. Dass die Dänen nicht mit demselben Budget hantieren dürfen wie die Kollegen jenseits des Großen Teiches, fällt hier kaum ins Gewicht. Von Anfang an gefällt die Puppenhausoptik, punktet mit einem Charme, der den gleichförmigen Blockbustern oft abgeht. Einige kuriose Figurendesigns, regelmäßige, äußerst reizvolle Querschnitte sowie ein gespenstisch schöner Zwischenstopp beweisen, dass auch bei geringer budgetierten CGI-Animationsfilmen Einfallsreichtum und Stil eine Menge wert sind. Das Gefühl einer wirklich epischen Überfahrt will sich aufgrund der Kürze nie wirklich einstellen, mit einem Vaiana können es die Dänen in der Hinsicht dann doch nicht aufnehmen. Insgesamt ist ihnen aber ein zauberhafter kleiner Film gelungen.
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