„Wann wird es endlich wieder Sommer?“, Deutschland, 2017
Regie: Barbara Lubich, Michael Sommermeyer; Drehbuch: Barbara Lubich; Musik: Banda Internationale
Ein urdeutscher Schlager als Titelinspiration und gleich die ersten Sekunden des Films kommt ein Pegida-Anhänger zu Wort, der sich wutbürgernd echauffiert über Flüchtlinge, die seiner Meinung nach gar nicht wie Flüchtlinge aussehen, sondern zu gepflegt und zu wenig hilfbsdürftig. Er wisse es ja, er war ja selbst Flüchling, damals … gefolgt von „Abschieben! Abschieben!“-Sprechchören und Aufnahmen von den ersten Pegida-„Spaziergängen“, bei denen hochaggressive Neonazis in den ersten Reihen mitmarschieren.
Die Dokumentation Wann wird es endlich wieder Sommer? umreißt die Wichtigkeit des Projekts Banda Comunale mit wenigen, dafür treffenden Bildern. Die Protestkapelle engagiert sich seit dem Winter 2014/2015 bei antifaschistischen Aktionen wie den Kehrausdemonstrationen, bei denen Tausende mit Warnweste und Besen der rechten Bewegung in Dresden entgegentraten und Pegida symbolisch vom Platz fegten. Zuvor hatten sich zeitweise über 25.000 Menschen versammelt um den Angst- und Hetzreden der „Patrioten Europas gegen die Islamisierung des Abendlandes“ zu lauschen.
Musikalisches Engagement gegen Rechts
Bereits seit 2001 existiert die Banda Comunale als soziokulturelles Projekt, das in ihrem Dresdner Stadtviertel professionelle Musiker und Amateure zusammenbringt, um gemeinsam eine lebendige Teilhabe an Stadtkultur und ein respektvolles Miteinander zu schaffen. Diesen Fakt erfährt man in der Dokumentation zwar nicht – der Film folgt weniger einem narrativen oder biographischen Faden – stattdessen reiht er Eindrücke von Demonstrationen, Auftritte der Band in Flüchtlingsheimen oder Jam-Sessions im Proberaum aneinander. Verschiedenste Motivationen stecken in diesem Projekt, genauso wie verschiedenste Kulturen und musikalische Einflüsse den Brass-Sound des Kollektivs prägen.
Durch das Engagement gegen Rechts und die Begegnung mit Geflüchteten in den Camps entwickelte sich die Banda Comunale zwangsläufig zur Banda Internationale. Musiker aus Syrien, Palästina, Afrika, Iran und dem Irak spielen inzwischen in der Band, die mehr oder weniger zwanzig verschiedene Mitglieder hat. Gemeinsam interpretieren sie „Volksmusik“ neu, mischen den Klang des arabischen Saiteninstruments Oud mit E-Gitarren, Posaunen, Percussions und afghanischen Gesang. Aber auch deutsche Texte werden dargeboten, vor allem von Ezé Wendtoin, dem Gitarristen aus Bukina Faso, der in seinem Heimatland deutschen Schlager studiert hat: „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“
Ein spannendes Projekt, über das man gern mehr erfahren hätte
Die Kamera begleitet die Musiker im Tourbus, im Tonstudio, bei Musikvideodrehs, bei Konzerten. Bei ernsten, religiösen Diskussionen ist sie ebenso dabei wie bei ausgelassenen Scherzen. Einen wirklichen Mehrwert bietet Wann wird es endlich wieder Sommer? aber nicht. Die Energie, die Motivation und die Thematik des Bandprojekts macht Lust, mehr über sie zu erfahren, sie spielen zu sehen und mit ihnen zu tanzen. Fragen zu Organisationsform oder zur Finanzierung, zur Auswahl der Mitglieder oder zur Tourorganisation bleiben aber unbeantwortet. Zudem sind durch die fehlende Synchronisation – die Interviewten sprechen entweder Deutsch oder teilweise gebrochenes Englisch – einige Passagen schwer verständlich. Die Banda Internationale ist dennoch ein spannendes Musikprojekt, das man sich aber lieber live auf der Bühne als auf der Kinoleinwand ansehen sollte.
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