Your Voice

Your Voice -KIMIKOE-

„Kimi no Koe wo Todoketai“, Japan, 2017
Regie: Naoyuki Itō; Drehbuch: Manabu Ishikawa; Musik: Akito Matsuda

Your Voice
„Your Voice -KIMIKOE-“ läuft im Rahmen des Akiba Pass Festivals 2018 (27. Januar bis 11. Februar 2018)

Worte sind nicht einfach nur Worte. Dessen ist sich Nagisa Yukiai schon lange bewusst, seit jenem Tag, als ihre Großmutter ihr zeigte, welche Kraft in ihnen steckt. Alles, was man sagt, hat Auswirkungen und kann ungeplante Folgen nach sich ziehen. Was das genau bedeutet, das merkt die Schülerin, als sie eines Tages in einem verlassenen Café eine alte Radiostation entdeckt. Mehr zum Spaß beschließt sie, die Anlage einfach mal auszuprobieren und ein bisschen Moderatorin zu spielen. Womit sie nicht gerechnet hat: Die Station ist voll funktionstüchtig. Was nur für die eigenen Ohren gedacht war, erreicht versehentlich auch die Tochter der ehemaligen Besitzer des Lokalsenders. Und die ist erst einmal gar nicht begeistert, dass sich jemand an der Ausrüstung vergreift.

Sicher, das meiste, was wir oder andere so den lieben Tag vor uns hinplappern, sei es im wahren Leben oder in sozialen Netzwerken, bleibt ohne große Relevanz. Aber wir alle haben sicher schon die Erfahrung gemacht, was Worte bewirken können. Dass wir uns über sie freuen, sie uns wahnsinnig ärgern, wir am Boden zerstört sind oder vielleicht auch mächtig stolz auf das gerade gehörte Lob. Your Voice, das seine Deutschlandpremiere auf dem Akiba Pass Festival 2018 feiert, nimmt die oft unterschätzte Bedeutung von Worten, um eine eigene kleine Geschichte darüber zu erzählen.

Wichtig: Worte können mehr sein
Es ist eine bescheidene, ruhige Geschichte. Was Nagisa und die anderen anfangs verstockt, später selbstbewusst im Radio sagen werden, das verändert nicht die Welt. Es verändert nicht einmal das kleine Küstenstädtchen, in dem die Freundinnen leben. Aber das muss es auch nicht. Es reicht, das Leben des einzelnen zu verändern. Im Positiven natürlich, denn auch das gehört zu den Lektionen dazu, die hier mit auf den Weg gegeben werden. Ein unachtsames Wort kann sehr verletzen. Ein Wort, das nicht aus dem tiefsten Inneren kommt, tut nicht, was es soll. Doch das richtige Wort zur richtigen Zeit kann wahre Wunder vollbringen.

Kotodama nennt Drehbuchautor Manabu Ishikawa, der zuvor unter anderem für den Geheimtipp Welcome to Irabu’s Office verantwortlich war, dieses Konzept. Die „Wortseele“. Visualisiert wird sie hier als eine Art Seifenblase, die nur von Nagisa gesehen werden kann und die zwischen Menschen umherschwebt. Erreicht sie den anderen, erreichen ihn auch die Worte und die damit verbundenen Gefühle. Es ist ein interessantes Konzept, das trotz häufiger Wiederholung aber nicht wirklich konsequent ausformuliert wird.

Schöne Ideen mit diversen Klischees
Ohnehin bleibt der von Naoyuki Itō (Overlord) inszenierte Film zu oft an der Oberfläche, zu sehr bei Klischees. Wie Your Voice enden wird, das steht schon nach wenigen Minuten fest, das Drama wagt zu keinem Zeitpunkt, aus dem üblichen Wohlfühlschema auszubrechen – was angesichts des Themas schon schade ist. Gleiches gilt für die Figuren. Nagisa beispielsweise entspricht dem Stereotyp der unbeholfenen Schülerin mit einem goldenen Herzen, das allen helfen will, dabei aber zuweilen nicht weiß, was sie tut. Bei ihren Freundinnen sieht es nicht besser aus. Im Gegenteil: Sie werden so sehr auf einzelne wenige und zu oft dargestellte Charakterzüge reduziert, dass sie äußerst blass bleiben.

Letzteres gilt auch für die Optik, jedoch in einem deutlich positiveren Sinne. Das Traditionsstudio Madhouse (Das Mädchen, das durch die Zeit sprang, Piano Forest) setzt auf sehr zurückgenommene Farben, die sehr angenehm fürs Auge sind. Ungewöhnlich ist zudem, dass die Figuren von weißen Linien umgeben werden, was ihnen ein filigranes, gleichzeitig stilisiertes Aussehen verleiht. Ohnehin fallen die Designs ein wenig aus dem Rahmen, zumindest an der Stelle zeigt Your Voice den Eigensinn, den der Anime an anderer Stelle vermissen lässt. Aber auch mit den inhaltlichen Schwächen bleibt ein süßer, auch sympathischer Film, der so manche wichtige Nachricht mit auf den Weg gibt. Allen voran eben die, dass Worte mehr sind bzw. mehr sein können und wir deshalb bewusst mit ihnen umgehen sollten.



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Eine verlassene Radiostation, eine unsichere Protagonistin und bedeutungsvolle Worte – „Your Voice“ beginnt mit einem ungewöhnlichen Szenario und gefällt durch seine kleinen Lebensweisheiten. Das hätte mehr Tiefgang vertragen können, ist aber auch so süß und visuell ansprechend umgesetzt.
6
von 10