„Aqérat“, Malaysia, 2017
Regie: Edmund Yeo; Drehbuch: Edmund Yeo; Musik: Woan Foong Wong
Darsteller: Daphne Low, Kahoe Hon, Ruby Yap, Johnny Goh
Hui Ling (Daphne Low) arbeitet als Mädchen für alles in einem Restaurant. Ihr großes Ziel: Genug Geld anzusparen, um endlich von Malaysia über die Grenze nach Taiwan zu kommen. Als sie drauf und dran ist, dieses Ziel zu erreichen, wird ihr Geld gestohlen. Sie wendet sich an ihren Boss, der ihr einen lukrativen Job anbietet: Sie soll dabei helfen, Rohingya Flüchtlinge, die aus Myanmar fliehen, einzuschleusen. DochHui Ling stellt dabei schnell fest, dass Schleusen genauso schwierig und gefährlich ist wie geschleust zu werden …
Beim Internationalen Filmfestival Tokyo hat Regisseur Edmund Yeo für Aqérat (We the Dead) schon den Preis als bester Regisseur gewonnen. Das Herausragende an Aqérat (We the Dead) ist zum einen der reduzierte, teilweise experimentell anmutende Einsatz von Musik und Geräuschuntermalung, zum anderen, dass man den Film tatsächlich sehen muss, um ihn zu begreifen, denn die Dialoge sind meist auf ein Minimum beschränkt, die Hauptfigur Hui Ling selbst verliert am allerwenigsten Worte, sie bleibt uns sogar die Antwort auf einen Heiratsantrag schuldig.
Die Kamera bleibt immer nah an ihr dran, ruht auf ihr. Wir sehen sie, wir sehen was sie sieht, wie die Welt um sie herum funktioniert. Die Arbeit mit der wackligen Handkamera und die Auswahl der Bilder ergeben einen hoch realistischen und beinahe dokumentarisch anmutenden Stil. Vor allem für westliche Zuschauer dürfte dieser tiefe und stark visuell geprägte Einblick in die fremde asiatische Kultur und Lebensart besonders eindrücklich sein. Allerdings ist der Film durch den Mangel an erklärenden Dialogen oft gar nicht oder zumindest nicht unmittelbar in vollem Umfang zu verstehen.
Ruhig, langsam, manchmal etwas langatmig
Daphne Low, die wie bereits erwähnt fast ununterbrochen im Fokus steht, liefert eine überzeugende Darstellung ab. Emotionen spielt sie dezent und dennoch weiß man immer genau, wie es ihr gerade geht. Sie wirkt abgeklärt und taff in dieser gewalttätigen und verstörenden Welt, in die sie als Menschenschleuserin hineingerät. Aqérat (We the Dead) ist eine ruhig erzählte Geschichte, mit wenigen Schnitten und langsamen Bewegungen der Figuren im Raum.
Obwohl der Film keine unnötigen Längen hat, wirkt die Story etwa nach der Hälfte etwas langatmig, da sich die Action des Films auf wenige Gewaltszenen beschränkt. Der Film stellt vielmehr eine intensive Charakterstudie der Hauptfigur dar und schildert die grausame Behandlung der Rohingya Flüchtlinge. Erst nach genau einer Stunde wird der Titel des Films eingeblendet und es findet ein inhaltlicher Bruch statt: Hui Ling steht nicht mehr im Fokus. Stattdessen folgen wir dem Krankenpfleger Wei (Kahoe Hon) und beobachten ihn in Gesprächen mit Bekannten, bis seine und Hui Lings Geschichte zusammenkommen. Der Film wird hier dialoglastiger und beschäftigt sich mit Existenzfragen und der Handlung ist deutlich schwerer zu folgen. Gen Schluss ist der Film stark reduziert auf Wei und Hui Ling, auf wenige Dialoge zwischen ihnen und ihr Verhalten miteinander. Die Bedeutung dieser letzten 30 Minuten ist nicht einfach zu erschließen und gibt der Geschichte ein sehr offenes Ende, das einen etwas ratlos zurücklässt.
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