„Un tango más“, Argentinien/Deutschland/Italien, 2015
Regie: German Kral; Autor: German Kral, Daniel Speck
Fast 50 Jahre lang tanzten Maria Nieves und Juan Carlos Copes gemeinsam Tango. Die beiden Argentinier sind Helden in ihrem Heimatland, sie haben den Tango auf die Bühnen der Welt gebracht. So emotional aufgeladen wie der Tango selbst war auch die Beziehung der beiden Tänzer zueinander. Sie liebten sich, sie verabscheuten sich, doch sie tanzten mit niemand anderem so leidenschaftlich. In der Dokumentation Ein letzer Tango wird eben diese Beziehung erzählt, aus beiden Perspektiven, getrennt voneinander. Regisseur German Kral versucht, die beiden für einen letzten Tango zu vereinen.
Originalaufnahmen gepaart mit nachgestellten Szenen und Interviews
Der Aufbau dieser Dokumentation ist außergewöhnlich. Nicht nur werden jahrzehnte alte Originalaufnahmen neben aktuellen Interviews gezeigt, sondern auch die Schlüsselmomente im Leben der beiden Protagonisten werden originalgetreu nachgestellt. Diese Szenen, gespielt von unglaublich talentierten Tänzerinnen und Tänzern, ähneln Auszügen aus einem Theaterstück oder Musical. Die Liebe zum Tanz, die Leidenschaft und das Feuer werden ohne Umwege zum Zuschauer transportiert – Gänsehaut pur!
Was der Dokumentation aber noch mehr Tiefe und Wärme verleiht, sind die „Making of“-Szenen, die genau so Teil des Filmes sind wie der Rest. Maria Nieves schaut sich die Bühnenbilder für die nachgestellten Szenen genau an, schreitet durch ihr nachgebautes Kinderzimmer und schwelgt in Erinnerungen. Die Proben für die Tanzszenen begleitet sie auch, sie gibt den Tänzern Tipps und zeigt ihnen, wie sie damals mit Juan getanzt hat. Wir sehen viele Szenen, in denen sich die Filmemacher und Darsteller mit Maria unterhalten, um ihre Geschichte wirklich verstehen zu können. Ein letzter Tango hebt sich durch diese Mischung aus den verschiedenen Darstellungsformen deutlich von anderen Dokumentationen ab.
Ehrliche Emotionen und großartige Choreographien
Maria sagt am Anfang des Filmes, dass sie alles in ihrem Leben genau so wieder tun würde. Eine rührende Aussage, deren Glaubwürdigkeit von Minute zu Minute mehr zu bröckeln scheint. „Außer mit Juan zusammenzukommen, das bereue ich.“ fügt sie hinzu. Denn genau dieser im Nachhinein vermeintliche Fehler prägt Marias gesamtes Leben. Er war die Liebe ihres Lebens, nur sie war nicht seine. Durchweg spürt man eine tiefe Verletztheit und Trauer in Marias Worten und Blicken.
Dem gegenüber steht der emotionsgeladene Tanz – der Tango, bei dem sich die Tänzer wortwörtlich nicht näher sein könnten. Maria und Juan hatten eben diesen Tanz als ihre Verbundenheit, bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie sich sogar davon trennten. Wir haben Teil an intimen Gesprächen, die den Film zu dem machen, was er am Ende ist – ein sehr persönliches Portrait einer komplexen Beziehung zweier legendärer Tanztalente. Wir saugen die Tanzschritte in uns auf und bekommen Gänsehaut beim Verfolgen der außergewöhnlichen und faszinierenden Choreographien. Eine ganz besondere Dokumentation – absolut empfehlenswert.
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