Grab the Sun

Grab the Sun

„Taiyô wo Tsukame“, Japan, 2016
Regie: Yutaro Nakamura; Drehbuch: Yutaro Nakamura, Akira Kimura
Darsteller: Kaito Yoshimura, Kodai Asaka, Yukino Kishii

Grab the SunFür Yatsuto (Kaito Yoshimura) gibt es einen großen Traum im Leben: Er will unbedingt Rockstar werden! Ständig turnt er auf der Bühne herum, gibt wirklich alles bei seiner Musik. So richtig voran kommt er dabei jedoch nicht. Das gilt auch für seinen besten Freund Takuma (Kodai Asaka), der als Fotograf Geld verdient. Dritte im Bunde ist Yumika (Yukino Kishii), die früher einmal mit Takuma zusammen war, sich nun aber mehr und mehr zu Yatsuto hingezogen fühlt.

Die Welt ist groß, steckt voller Wege und Möglichkeiten – und macht oft auch genau deshalb Angst. Da spielt es keine Rolle, in welchem Land man lebt, ob im Westen, Süden, Osten oder Norden, jeder dürfte irgendwann in die Situation geraten: Was soll ich eigentlich mit meinem Leben anfangen? Entsprechend viele Filme werden auch gedreht, die sich diesem Alter widmen, Jugendliche beim ziellosen und manchmal überforderten Herumirren zeigen. Japan mischt da natürlich ebenfalls gern mit – zuletzt etwa in dem melancholischen Blue Wind Blows oder dem eher humorvollen Amiko –, schließlich lässt kaum ein Land seine Jugend ähnlich orientierungslos zwischen alten Ansprüchen und neuen Wahrheiten zurück.

Ich suche, also bin ich … nicht
Ein weiteres Beispiel ist Grab the Sun, welches auf dem Japan-Filmfest Hamburg 2017 seine internationale Premiere feierte. Dessen Protagonisten sind schon ein wenig weiter, sowohl in Hinblick auf das Alter wie auch deren Wünsche. Wenn Yatsuto genau weiß, dass er Rockstar werden will, dann ist das ja schon mal etwas. Und doch: Auch er wirkt oft verloren da oben auf der Bühne, wenn er sich die Seele aus dem Leib schreit. Wenn er in Worten und Musik etwas sucht, von dem er gar nicht so genau sagen kann, was es ist.

Insgesamt ist das Drama aber eher ruhiger Natur. Etwas zu ruhig sogar. Yutaro Nakamura, der hier Regie führte und auch das Drehbuch mitschrieb, verpasst es, seinen Figuren wirklich aussagekräftige Szenen mit auf den Weg zu geben. Oftmals sitzen die drei, ergänzt um einige andere, nur herum, nehmen Drogen und schweben in anderen Sphären. Manchmal führt das immerhin dazu, dass sie die typisch japanische Höflichkeit fallenlassen und sich einige hässliche Dinge an den Kopf werfen. Überhaupt ist das mit der Sympathie so eine Sache. Je mehr man von Takuma zu sehen bekommt, umso weniger möchte man ihn weiterhin sehen.

Die Geschichte einer scheidenden Freundschaft
Am eindrucksvollsten ist Grab the Sun dann auch, wenn er eben die Beziehung von Yatsuto und Takuma thematisiert. Richtig viel erfahren wir darüber zwar nicht, dürfen aber doch zumindest schlussfolgern, dass sie schon lange miteinander befreundet sind. Zu lange? Das Drama erzählt auch vom Auseinanderdriften. Davon, dass Freundschaften vielleicht schon vorbei sind, ohne dass man es merkt oder sich eingestehen möchte. Denn Menschen ändern sich, die Suche nach dem Sinn kann in die unterschiedlichsten Richtungen führen. Und doch halten Yatsuto und Takuma daran fest, weil es eine der wenigen Möglichkeiten ist, sich überhaupt an etwas festzuhalten. Positive Vorbilder gibt es keine, die Perspektiven sind eher trübe.

Grundsätzlich geht Grab the Sun also in die richtige Richtung, wenn die zwei Jungs auf der Stelle treten und sich dabei doch immer weiter voneinander entfernen. Es ist nur nicht so wirklich spannend, ihnen dabei zuzusehen. Die Bühnenauftritte von Yatsuto, die so schmerzerfüllt wirken sollen, verursachen eher selbst Schmerzen – selbst bei Rock darf gern etwas Melodie und Sangesvermögen dabei sein. Auch andere Szenen, die eigentlich sehr emotional wirken sollten, verpuffen ohne großen Nachhall. Das Drama um drei orientierungslose Jugendliche weiß zwar eigentlich ziemlich genau, wo es hin will, findet den Weg selbst aber nicht und droht damit das Publikum unterwegs zu verlieren.



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Ein angehender Musiker, ein Fotograf und dessen Exfreundin, das ist die Konstellation des japanischen Jugenddramas „Grab the Sun“. Gut gelingt diesem das Aufzeigen einer zerbrechenden Freundschaft und der allgemeinen Orientierungslosigkeit. Insgesamt fehlt es dem Film aber an Spannung, die Szenen reißen selbst dann nicht mit, wenn sie besonders emotional sein wollen.
5
von 10