„Jigsaw“, USA, 2017
Regie: Michael Spierig, Peter Spierig; Drehbuch: Josh Stolberg, Peter Goldfinger; Musik: Charlie Clouser
Darsteller: Callum Keith Rennie, Clé Bennett, Laura Vandervoort, Mandela Van Peebles, Paul Braunstein
Sie wissen nicht, wie sie in den Raum gekommen sind. Auch nicht, was sie hier sollen oder wem diese eigenartige Stimme gehört, die aus den Lautsprechern kommt. Sie wissen nur eins: Sie müssen handeln, und das sehr schnell. Denn sonst wird dieser Raum das letzte sein, das die fünf Fremden in ihrem Leben zu Gesicht bekommen. Aber auch die Polizei steht vor einem Rätsel. Plötzlich tauchen überall Leichen auf, die auf seltsame Weise verstümmelt wurden. Alles weist darauf hin, dass John Kramer alias Jigsaw wieder da ist und sein Unwesen treibt. Aber wie kann das sein, wenn er vor zehn Jahre gestorben ist? Doch wer auch dahinter steckt, die Detectives Halloran (Callum Keith Rennie) und Hunt (Clé Bennett) setzen alles daran, dieser Mordserie ein Ende zu bereiten.
Man soll ja niemals nie sagen. Seit dem Überraschungserfolg von Saw hatte es jedes Jahr brav zu Halloween einen neuen Teil gegeben, bis nach dem siebten (Saw 3D) Schluss war. Und das obwohl die Einspielergebnisse nach dem Durchhänger von Saw VI wieder an die vorangegangenen Filme anschließen konnten. Aber nach sieben Jahren Dauerfolter wusste man wohl nicht mehr so recht, wie es denn nun weitergehen soll. Erst wenn ein überzeugendes Konzept vorläge, würde die Reihe wieder aufgenommen – so wurde damals gesagt. Als es dann hieß, dieses Konzept sei gefunden, da durfte man dann schon ein wenig neugierig sein. Umso mehr, da diesmal die Brüder Michael und Peter Spierig hinter der Kamera stehen würden. Und denen hatten wir zuletzt den stimmungsvollen Zeitreisethriller Predestination zu verdanken.
Der Tod ist Nebensache
An dessen Qualität kann ihr Einstieg in das Horrorfranchise nicht anknüpfen. Leider. Dafür ist Jigsaw einfach nicht clever genug. Dabei wurde hier einiges wenn schon nicht revolutioniert, dann doch zumindest etwas verschoben. Beispielsweise stehen die Ermittlungen hier stärker im Vordergrund, als wir es sonst gewohnt waren. Gerade zu Beginn der Reihe war es noch so, dass es in erster Linie um brutale und fiese Rätsel ging. Die sind natürlich immer noch da. Aber sie sind irgendwie zur Nebensache degradiert worden. Auch wenn sie nicht an Tödlichkeit eingebüßt haben – die fünf armen Gefangenen werden nach und nach dezimiert, sowohl in puncto Anzahl wie auch bei der Zusammensetzung ihrer Körper.
Und doch: Irgendwie lässt einen das alles kalt. Das liegt zum einen an den Figuren, die nicht unbedingt dazu einladen, ihnen die Daumen zu drücken. Dafür sind sie zu langweilig. Teilweise auch zu unsympathisch. Es liegt aber auch an den Fallen selbst, die alle recht einfalllos gestaltet sind. Was Saw seinerzeit so auszeichnete, war die pure Perfidität gewesen. Die rohe Lust an der Gemeinheit. Jigsaw geht dieses Gefühl ab, ist zu clean, zu berechnet, zu routiniert. Nur selten überrascht oder gar schockt der Überlebenskampf der fünf – von einem unerwarteten Abgrund einmal abgesehen.
Horror mit starken Krimianleihen
Interessanter ist da schon, was außerhalb der Folterkammer so alles passiert. Wenn die Polizei vor der Frage steht, wer denn diese ganzen Verbrechen begeht, dann ist Jigsaw einem Krimi deutlich näher als einem Horrorfilm. Langzeitfans könnte das gerade auch im Zusammenhang mit den lieblosen Fallen mehr verstören als die zuvor gezeigten Grausamkeiten. Das ist doch kein Saw! Ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht, zumal die parallel stattfindende Jagd auf den Mörder sogar der spannendere Teil der Geschichte ist. Lebt John Kramer immer noch? Gibt es einen Nachahmer? Zumindest teilweise fällt die Antwort hier anders aus, als man es anfangs vermuten würde. Das reicht dann zwar nicht aus, um aus dem Durchschnittsgefängnis ausbrechen zu können oder den neuen Teil insgesamt zu rechtfertigen. Aber es hat auch schon deutlich enttäuschendere Horror-Revivals gegeben.
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