Mudbound
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Mudbound

„Mudbound“Mudbound, USA, 2017
Regie: Dee Rees; Drehbuch: Dee Rees, Virgil Williams
Vorlage: Hillary Jordan; Musik: Tamar-kali

DarstellerCarey Mulligan, Garrett Hedlund, Jason Clarke, Jason Mitchell, Mary J. Blige, Jonathan Banks, Rob Morgan

Endlich ein eigenes Farmland! Davon hat Henry McAllan (Jason Clarke) schon immer geträumt. Als er mit seiner Frau Laura (Carey Mulligan), seinem Vater Pappy (Jonathan Banks) und den Kindern ans Mississippi-Delta zieht, ist die Ernüchterung jedoch groß. Er ist einem Betrüger aufgesessen, sein ersehntes Land gehört jemand anderem. Ein Ersatz ist schnell gefunden, doch das bedeutet, mit Florence (Mary J. Blige) und Hap Jackson (Rob Morgan) zusammenzuarbeiten. Auch die träumen von einem eigenen Land, was für eine schwarze Familie im Süden aber besonders schwer ist. Als nach Ende des Zweiten Weltkriegs Henrys Bruder Jamie (Jamie McAllan) und Ronsel (Jason Mitchell), der älteste Sohn der Jacksons, zurückkehren, ist das für die Familien einerseits Erleichterung. Doch es führt auch schnell zu neuen Problemen.

Derzeit investiert der Streaming-Gigant Netflix ja wie besessen in neue Produktionen, insgesamt 8 Milliarden Dollar will er allein 2018 dafür ausgeben, mehrere Hundert Filme und Serien sollen so ins Portfolio aufgenommen werden. Zuletzt machte das Unternehmen dabei eher durch qualitativ umstrittene Werke wie Bright, The Cloverfield Paradox und Mute auf sich aufmerksam. Wenn am Sonntag die Oscars verliehen werden, könnte aber ein Film, in den Mittelpunkt des Interesses rücken, der schon Ende letztes Jahr Teil des exklusiven Netflix-Aufgebotes wurde. Denn dank Mudbound ist erstmals in der 90-jährigen Geschichte des Filmpreises eine Frau für die beste Kamera nominiert.

Gefangen in Schlamm und Trostlosigkeit
Es ist aber auch erstaunlich, was Rachel Morrison hier geleistet hat. Die amerikanische Kamerafrau, die derzeit dank Black Panther in allen Kinos dieser Welt vertreten ist, zauberte  Bilder auf den Bildschirm, die gleichzeitig wunderschön und schäbig sind. Wo sich andere Südstaatenfilme gerne auf Idyllen betten, malerische Baumwollplantagen unter blauem Himmel zeigen, da gibt es hier dem Titel entsprechend viel Schlamm zu sehen. Dreck. Farmarbeit in Mudbound, das bedeutet, in der Erde zu wühlen, sich aufzureiben, gegen das Wetter und die eigene Armut anzukämpfen.

Es ist dann auch der Schlamm bzw. die Farbe Braun, an die sich Laura zurückerinnert, wenn sie die Geschichte der beiden Familien erzählt. Der gesamte Film ist als Flashback aufgezogen, beginnt mit dem Ende, nur um den Weg dorthin aufzuzeigen. Aus der Zufallsbegegnung der McAllans und der Jacksons wird eine Schicksalsgemeinschaft. Schließlich sitzen beide in einem ähnlichen Boot, fühlen sich beide ähnlich fehl am Platz, träumen von einem besseren Leben, während eine Enttäuschung nach dem anderen auf sie wartet.

Von Gegensätzen und Gemeinsamkeiten
Und doch sind sie keine Freunde. Henry und Laura sind keine Vorkämpfer für die Rassengleichheit. Sie sind aber auch keine Rassisten, wenngleich Opa Pappy – ein Negerhasser aus dem Bilderbuch –, sie ständig daran erinnern will, dass Schwarze keine Menschen sind. Typische Szenen sind das, uns bestens aus ähnlichen Rassismusfilmen vertraut, und doch immer wieder empörend. Interessant wird die Adaption von Hillary Jordans gleichnamigen Roman aber vor allem in der zweiten Hälfte. Nicht die zerplatzten Träume und Alltagsmühen stehen dann noch im Vordergrund, sondern die sich entwickelnde Freundschaft zwischen Jamie und Ronsel.

Beide kennen sie eine andere Welt durch die Einsätze in Europa: Im Zweiten Weltkrieg gibt es keine Unterscheidung zwischen Schwarz und Weiß. Ronsel muss damit klarkommen, die progressivere Gesellschaft gegen den Rassismussumpf Mississippi eingetauscht zu haben. Beide haben zudem mit ihren Erfahrungen und Erinnerungen zu kämpfen, mit den Traumata, die sie in den Kriegsjahren angesammelt haben. Das verbindet sie, mehr als die Farbe ihrer Haut sie trennen könnte. Sie finden in dem jeweils anderen ein Verständnis, das die eigene Familie nicht aufbringen kann. Mudbound ist daher nicht nur ein Film über Rassismus. Es ist auch Film über Entfremdung. Darüber sich selbst zu verlieren. Das schreit geradezu nach Wohlfühlszenarien, nach Läuterung und großen Gefühlen. Doch Mudbound bleibt sich treu. Bleibt dem Schlamm treu. Denn da ist noch das Ende, das wir bereits kennen. Da sind die Abgründe, durch die alle Protagonisten waten. Da sind der Hass und die Ignoranz, an der auch die nobelsten Gefühle scheitern können.



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Die Romanverfilmung „Mudbound“ nimmt uns mit in die Zeit des Zweiten Weltkriegs und berichtet von einer weißen und einer schwarzen Familie, die sich im Süden der USA als Farmer versuchen. Das handelt viel von Rassismus, aber auch alltäglichen Sorgen. Von Menschen, deren Träume im Schlamm ertrinken. Interessant wird das Drama vor allem in der zweiten Hälfte. Aber schon vorher bleibt es durch die gleichzeitig schönen wie schäbigen Bilder in Erinnerung.
8
von 10