„Paradox“, USA, 2018
Regie: Daryl Hannah; Drehbuch: Daryl Hannah; Musik: Neil Young, Promise Of The Real
Darsteller: Neil Young
Es gibt sie immer wieder mal, Schauspieler, die zur Verfolgung einer eigenen Vision auf dem Regiestuhl Platz nehmen. Erfolgreich ist das eher selten, vor allem Frauen haben es schwer, sich in dem Bereich durchzusetzen. Trotz der großen Namen, Hits wie Unbroken von Angelina Jolie oder Pitch Perfect 2 von Elizabeth Banks bleiben die Ausnahme. Daran wird auch Daryl Hannah nichts ändern können. Will sie aber wohl auch nicht. Denn das, was die vor allem in den 80ern populäre Schauspielerin mit ihrem Debüt Paradox abgeliefert hat, lässt sich nur mit Mühe in die Kategorie Film einordnen.
Eine Geschichte findet sich durchaus darin. Allerdings muss man sie schon ein wenig suchen, da sie sich irgendwo in den Bildern versteckt hat. Grundsätzlich erzählt Hannah von einer Welt in der Zukunft, in der es heißt: back to the roots. Die Menschen leben irgendwo in der Prärie, tragen wieder Cowboy Outfits und warten darauf, dass der Mond seine magische Kraft mit ihnen teilt. Während die Männer stets auf Schatzsuche sind (oder auf Raubzug), leben die Frauen an einem anderen Ort und kümmern sich ums Essen.
Aus Liebe zur Natur
Das hört sich reaktionär an, die Sehnsucht nach einer Zeit, in der die Rollen noch klar verteilt sind und Männer noch echte Männer sind. Das Ergebnis ist dann aber doch ein ganz anderes. Hannah, die schon seit Jahren eine aktive Kämpferin für den Umweltschutz ist, drehte hier eher ein romantisch-versponnenes Plädoyer dafür, sich wieder als Teil der Natur zu sehen. Die Bilder von Paradox sind dann auch betörend schön. Warum sich Hannah dafür entschied, immer wieder zwischen digitalen und klassischen 16-mm-Aufnahmen zu wechseln, das wird nicht klar. Aber man verläuft sich gerne in den weiten Landschaften Amerikas, streift durch Wälder, klettert auf Hügeln herum. Genießt die Aussicht auf den Horizont, der sich da draußen in Erinnerungen und Träumen verliert.
Vor allem aber ist es die Musik, welche Paradox seinen Charakter gibt. Der Film, der seine Premiere auf dem South by Southwest Festival (SXSW) feierte und nun auf Netflix verfügbar ist, ist schließlich in erster Linie eine Bühne für Neil Young. Und das ist hier wortwörtlich zu verstehen: Zwischendrin wird das Geschehen der Geschichte unterbrochen, um die Legende bei einem zuvor gefilmten Konzert sehen zu dürfen. Was dieses hier zu suchen hat, auch das ist eine dieser Fragen, die Hannah gar nicht erst zu beantworten versucht.
Fragen über Fragen in einem musikalischen Traum
Anhänger des Urgesteins dürfen sich aber auch abseits der Bühne auf diverse musikalische Momente freuen. Klassiker sind dabei, ebenso neuere Stücke, in denen Young die Grenzen zwischen Country und Folk vergessen lässt. Wie viel man aus Paradox mitnimmt, das hängt dann auch größtenteils davon ab, ob man diese Musik nun mag oder nicht. Wer dies tut, taucht ein in eine Welt, in der sich Traum und Realität die Hand geben. In der zwar immer wieder philosophiert wird, das meiste aber ohne Kontext bleibt, nichts wirklich konkret wird. Nicht einmal die Figuren erhalten einen Namen, von einer Persönlichkeit zu schweigen.
Damit liegt die Frage auf der Hand: Warum nicht gleich einen richtigen Konzertfilm daraus machen? Eine Geschichte, die nicht ausgearbeitet wird, eine fehlende Handlung, sprachlose Protagonisten – das hält schließlich eher auf, als dass es Film und Publikum weiterbringen würde. Und doch geht von diesem überlangen Musikvideo (Laufzeit etwa 73 Minuten) auch ein eigener Zauber aus. Ein Drogentrip, der uns nicht zu fremden Welten führt, sondern zu einer Ursprünglichkeit zurückfinden lässt. Zu einem Ort, der hier und doch nicht hier ist, in der Zukunft und Vergangenheit gleichermaßen zu Hause sind. Ein Traum, der einen etwas wehmütig zurücklässt, als die Reise doch noch ihr Ende findet.
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