Rock my Heart
© Wild Bunch

Rock my Heart

„Rock my Heart“, Deutschland, 2017
Regie: Hanno Olderdissen; Drehbuch: Clemente Fernandez-Gil; Musik: Tobias Wagner
Darsteller: Lena Klenke, Dieter Hallervorden, Emilio Sakraya

Rock My Heart DVD
„Rock my Heart“ ist seit 9. März 2018 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Als Jana (Lena Klenke) nachts vor der Polizei flieht und sie eines angeborenen Herzfehlers wegen dabei zusammenbricht, sieht sie noch ein schwarzes Pferd, bevor sie ohnmächtig wird. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus begibt sie sich auf der Suche nach der Wahrheit zurück an jenen Ort, in dessen Nähe sie alsbald tatsächlich einen Pferdehof vorfindet. Dieser gehört Paul Brenner (Dieter Hallervorden), einem verschuldeten Rennpferdtrainer, dessen letzte Hoffnung der Hengst Rock my Heart ist, der den kommenden Rheincup gewinnen soll. Leider lässt sich das bockige Tier auf niemanden ein – mit Ausnahme von Jana, die Paul daraufhin zur Reiterin ausbilden will.

Anfang schlecht, alles schlecht?
In den ersten fünf bis zehn Minuten scheint Rocky my Heart alles dafür tun zu wollen, seine Zuschauer zu vergraulen. Die Charaktere scheinen dauernd und von allem genervt zu sein und wirken dadurch einfach nur unsympathisch. Insbesondere Jana raunzt jeden grundlos an, das ist alles wirklich nicht schön anzusehen. Auch inhaltlich ist es nichts. Während Jana nach dem Vorfall in der Notaufnahme liegt, versucht ein Polizist (Thomas Balou Martin) zu ihr durchzudringen und sie zu verhören, da sie ja eine Verbrecherin ist, was an sich schon mal unrealistisch genug ist. Als würde das nicht schon reichen, verlässt der behandelnde Arzt (Johann von Bülow) die Patientin, um dem Polizisten gegenüber unnötig und kindisch den Platzhirsch zu markieren. Etwas später im Krankenzimmer zieht sich Jana im Beisein ihrer Eltern (Anette Frier und Michael Lott) und ebenjenem Arzt wütend sämtliche Schläuche und Kabel der an sie angeschlossenen Geräte raus und der Arzt hat nichts Besseres zu tun, als letztere auszuschalten und das Zimmer zu verlassen.

Also entweder haben die Geräte von Anfang an keinen Zweck erfüllt, dann hätte Jana überhaupt nicht angeschlossen sein müssen. Oder aber er hätte Janas Handlung, vor allem im Kontext der Szene, als Selbstmordversuch werten und eingreifen müssen. Das Schlimmste an all dem ist, dass der Anfang komplett überflüssig ist – die Sache mit der Polizei kommt beispielsweise nie wieder zur Sprache – und abgesehen von der Begegnung mit dem Pferd, die alles ins Rollen bringt, ohne ihn nichts fehlen würde. Damit bin ich aber auch schon am Ende damit, auf den Film einzuprügeln, denn an den restlichen 95 Minuten gibt es erfreulicherweise wenig auszusetzen.

Ein (un-)bekanntes Talent meldet sich zurück
Dieter Hallervorden ist vor allem in den 1970ern und 1980ern als Komiker bekannt geworden, in den 1990ern wurde es dann ziemlich still um ihn. 2013 feierte er dann ein fulminantes und unerwartetes Comeback auf der großen Leinwand, als Hauptdarsteller in dem Drama Sein letztes Rennen, einem exzellenten Film, der locker eine Nominierung zum besten fremdsprachigen Film bei den Oscars verdient gehabt hätte. Während das nun nicht Hallervordens erste ernste Rolle war – man denke an den Fernsehfilm Das Millionenspiel von 1970 –, zeigte Sein letztes Rennen dennoch eine gewissermaßen unbekannte Seite von Hallervorden und dessen schauspielerisches Talent. Im Folgejahr stellte er sein Können in Honig im Kopf erneut unter Beweis, einem mittelmäßigen Film, der aber allein für Hallervorden absolut sehenswert ist.

Seine Rolle in Rock my Heart ist nun quasi ein Upgrade zu der in seinem letzten Film, Ostfriesisch für Anfänger. In dem wiederum mittelmäßigen Streifen von 2016 muss er sein zwangsversteigertes Haus retten, während es hier um seinen verschuldeten Hof geht, dem die Pfändung droht. Darüber hinaus sind eine Millionen D-Mark von 1970 heute auch nicht viel mehr wert als die 100.000 Euro Preisgeld für „sein letztes Rennen“. Nur krank wie in Honig im Kopf ist er nicht, das überlässt er der Hauptdarstellerin Lena Klenke, mit der er gemeinsam den Film trägt. Das Zusammenspiel der beiden vermag gekonnt über gewisse Formelhaftigkeiten der Geschichte hinwegzutäuschen, welche sich mehr als einmal ins Drehbuch eingeschlichen haben. Neben den beiden ist fast der gesamte Cast sehr solide, einzig Anneke Kim Sarnau fällt negativ auf, was aber hauptsächlich daran liegen dürfte, dass ihre Rolle nicht wie ein Charakter, sondern wie eine reine Drehbuchfigur angelegt ist, welche man für eine forcierte Hintergrundgeschichte zu benötigen schien.

Solide Darsteller, starke Emotionen
Mit Ausnahme der nachgeschobenen Erklärung, mit der wohl am Ende noch mal so richtig eins draufgesetzt werden sollte, schafft Rock my Heart, authentische Momente zu erzeugen, die ernsthaft betroffen und traurig machen. Generell gelingen die meisten Szenen, die emotional angehaucht sind, was nicht zuletzt am starken Soundtrack von Tobias Wagner liegt. Nur filmtechnisch scheint Regisseur Hanno Olderdissen in seinem zweiten Film nach der Schwulenkomödie Familie verpflichtet noch nicht ganz auf sicheren Beinen zu stehen. So finden sich hier und da Szenen in Zeitlupe, ein Stilmittel, auf das man inzwischen wirklich verzichten kann und sollte. Insgesamt lässt Rock my Heart Genrekollegen wie Wendy, Ostwind oder Bibi & Tina aber deutlich hinter sich und wird wohl der Grund dafür sein, wieso Olderdissen den kürzlich gestarteten Wendy 2 – Freundschaft für immer inszenieren durfte – auch wenn das rein künstlerisch eher ein Rückschritt ist.



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"Rock my Heart" fängt grauenhaft an, entpuppt sich im weiteren Verlauf aber als bester deutscher Kinofilm von 2017. Das gut gespielte Jugenddrama emanzipiert sich vom Gros der deutschen Pferdefilme und wird auch außerhalb der anvisierten jungen weiblichen Zielgruppe Anklang finden.
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von 10