The Outsider
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The Outsider

„The Outsider“, USA, 2018
Regie: Martin Zandvliet; Drehbuch: Andrew Baldwin
Darsteller: Darsteller: Jared Leto, Tadanobu Asano, Shioli Kutsuna, Kippei Shiina, Min Tanaka

The Outsider
„The Outsider“ läuft seit 9. März 2018 auf Netflix

Der Zweite Weltkrieg ist vorbei, doch die Anspannungen zwischen den USA und Japan halten weiter an. Das bekommt auch der ehemalige amerikanische Soldat Nick Lowell (Jared Leto) zu spüren, der in einem Gefängnis in Osaka einsitzt. Doch das soll sich ändern, als er eines Tages seinem Mithäftling Kiyoshi (Tadanobu Asano) die Flucht ermöglicht. Denn der ist Teil einer mächtigen Yakuza-Familie und überzeugt deren Oberhaupt Akihiro (Min Tanaka), den Weißen aufzunehmen. Nick zeigt sich überaus dankbar für diese Möglichkeit und überaus skrupellos, wenn es um die Durchsetzung der Familieninteressen geht. Aber nicht jeder ist glücklich darüber, plötzlich einen Ausländer in den eigenen Reihen zu haben. Und dann wäre da noch die andere Yakuza-Familie, die sich anschickt, die Kontrolle über Osaka zu übernehmen.

Das Timing hätte wohl kaum schlechter sein können. Ein Yakuza-Film, der viel über japanische Traditionen und Mentalität sprechen will, dessen Hauptrolle aber ein Weißer ist. Als ob es in den letzten Jahren nicht genügend Proteste gegen das Whitewashing in Hollywood gegeben hätte. Als ob derzeit nicht ein Film namens Black Panther zu einem Großteil deshalb den amerikanischen Kinomarkt überrollt, weil hier Schwarze ausnahmsweise mal tatsächliche Helden sein dürfen. Da wirkt The Outsider wie ein Relikt aus einer anderen Zeit – und das nicht nur wegen des historischen Nachkriegssettings.

Dazu kann ich nichts sagen …
Das eigentliche Problem ist aber gar nicht das Szenario des Films. Daraus hätte schließlich etwas Interessantes werden können, wenn die Figur des Nicks dazu benutzt worden wäre, etwas über die unterschiedlichen Mentalitäten zu erzählen. Vielleicht auch, um den amerikanischen Einfluss in Japan herauszuarbeiten, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg im Kaiserreich ausbreitete. The Outsider tut das aber nicht. Genauer tut The Outsider gar nichts, was inhaltlich auch nur im Entferntesten interessant wäre. Dass der dänische Regisseur Martin Zandvliet packende Kriegsgeschichten erzählen kann, das hat er in Unter dem Sand bewiesen. Der Ausflug nach Japan ist ihm hingegen ziemlich missglückt.

Eine große Hürde auf dem Weg zur Unterhaltung ist Nick selbst. Nick, der große Unbekannte. Warum er in einem Gefängnis sitzt wird ebenso verschwiegen wie sein Verhältnis zu Japan oder weshalb er nicht mehr in der Armee ist. Düstere Vorgeschichten, ja, das kann eine schöne Sache im Genrekino sein. Umso mehr, wenn sich viele Geheimnisse darum ranken. Aber immer nur anzudeuten, dass da etwas ist, ohne irgendwann auch mal etwas von sich herzugeben, das wird dann schon schwieriger. Das Ziel war offensichtlich, Nick zu einem schweigsamen und mysteriösen Anti-Helden hochzustilisieren. Stattdessen ist er aber ein ausdrucksloses Nichts, das nicht einmal als Projektionsfläche funktioniert. Der sonst so talentierte Jared Leto, immerhin mit einem Oscar als bester Nebendarsteller in Dallas Buyers Club ausgezeichnet, findet keinen Weg, die Figur irgendwie mit Leben zu füllen.

Viele Wege führen ins Nichts
Das gilt leider auch für den Rest der Netflix-Produktion. Es ist noch nicht einmal so, dass gar nichts in The Outsider passieren würde. Da gibt es immer wieder gewaltsame Auseinandersetzungen, Menschen werden ermordet oder verstümmeln sich selbst. Es gibt nur irgendwie so gar keinen Grund, warum einen das interessieren sollte. Nicht nur Nick, auch alle anderen Figuren haben ein echtes Persönlichkeitsproblem. Sprich: Sie haben keine. Gleiches gilt für die Geschichte. Konflikte wie der, dass Nick sich an Kiyoshis Schwester Miyu (Shioli Kutsuna) heranmacht, bleiben ohne Konsequenz. Der spannende Aspekt einer sich ändernden Wirtschaftssituation – die konkurrierende Familie setzt auf modernere Einnahmemöglichkeiten wie Aktiengeschäfte – wird gleich wieder fallengelassen. Dafür werden brav Klischees wie Sumo oder das Abhacken von Yakuza-Fingern abgearbeitet. All das, was man von einem Japanfilm erwartet.

Auch deshalb ist nach einiger Weile das Tödlichste an The Outsider die Langeweile. Der Film verpasst es völlig, sich von früheren Yakuza-Filmen zu emanzipieren, bietet auch zu wenig, um die zwei Stunden auch nur ansatzweise zu rechtfertigen. Immerhin: Die audiovisuelle Umsetzung ist gelungen. Es gibt viele schön düstere Bilder eines früheren Japans, dazu einen ungewöhnlichen Soundtrack. Eine Zeit lang lässt man sich das blutige Treiben auf dem Bildschirm dann auch gefallen, in der Hoffnung, dass der Film inhaltlich doch noch etwas liefert. Denn in einer Geschichte, in der es viel ums Töten gibt, stirbt die Hoffnung mal wieder zuletzt. Dafür aber ziemlich qualvoll.



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Ein Yakuza-Film mit Jared Leto in der Hauptrolle? Das klingt gleichzeitig schrecklich und interessant. „The Outsider“ ist aber weder das eine, noch das andere, sondern viel mehr zwei Stunden lang Langeweile. Spannende Themen werden gleich wieder fallengelassen, sämtliche Figuren bleiben ohne Persönlichkeit. Lediglich die gelungene audiovisuelle Umsetzung verhindert, dass das Klischee-Gangster-Drama vorzeitig unter der Erde landet.
4
von 10