The Teacher

„Ucitelka“, Slowakei/Tschechien, 2017
Regie: Jan Hrebejk; Drehbuch: Petr Jarchovský; Musik: Michal Novinski
Darsteller: Zuzana Maurery, Zuzana Konecná, Csongor Kassai, Tamara Fischer, Martin Havelka, Éva Bandor

„The Teacher“ läuft im Rahmen des 2. Mittel Punkt Europa Filmfests in München/Regensburg (1. bis 11. März 2018)

In einer Schule in Bratislava im Jahr 1983 betritt die neue Lehrerin Maria Drazdechova (Zuzana Maurery) das Klassenzimmer. Sie fordert jeden Schüler auf, aufzustehen, sich vorzustellen und den Beruf seiner Eltern zu nennen. Langsam aber sicher wird deutlich, dass die Noten der Schüler von der Hilfbereitschaft ihrer Eltern abhängen. Während einige Mütter und Väter der Lehrerin mit ausgewählten Diensten wie Hausarbeit, Einkäufen und Haarschnitten “kleine Gefallen tun“, wehren sich andere gegen die Forderungen. Die Konsequenzen tragen die Kinder, die plötzlich in der Schule versagen und von ihren Mitschülern gehänselt werden. Als ein Mädchen unter dem konstanten Druck zusammenbricht, ruft die Direktorin eine Elternversammlung ein, in der jeder Einzelne mit der Entscheidung hadert, sich gegen das System der Lehrerin zu widersetzen oder durch Stillschweigen den status quo zu erhalten.

Das kommunistische Klassenzimmer
Als Folge des Kalten Krieges war die kommunistische Grundhaltung in der Slowakei der 80er immer noch weit verbreitet und die Partei zu verleugnen, wurde nicht auf die leichte Schulter genommen. The Teacher übersetzt diesen Zustand in das Szenario des Klassenzimmers und entwickelt so eine düstere Satire über Staatsführung und die menschliche Natur. Die größte Stärke des Films liegt darin, dass er auf parallelen Ebenen funktioniert. Wie viele andere Filme aus der ehemaligen Sowjetunion, ist das Gesamtwerk des international ausgezeichneten Regisseurs Jan Hrebejk eine Symbiose zwischen Charakterstudie und sozial-politischen Bedenken; in diesem Fall die geschickte Parabel über den privilegierten und korrupten Teil der Gesellschaft hervorgerufen durch die Gleichmacherei des Kommunismus.

Den sinnbildlichen Vorsitz der kommunistischen Partei verkörpert die manipulative und Macht-missbrauchende Lehrerin, bittersüß gespielt von Zuzana Maurery, die es vorzieht als „Genossin Drazdechova“ bezeichnet zu werden. Unter ihrer Fuchtel befinden sich sowohl Schüler, als auch Eltern. So wie die Komplexität des Films wächst, eskalieren auch die Spannungen unter der Protagonisten. Während sich die einen im Wohlwollen der Lehrerin sonnen und diesen Status keinesfalls aufgeben wollen, sind die anderen geplagt vom Leid ihrer Kinder, scheuen aber vor der öffentlichen Bloßstellung. Der Aufbau des Films teilt sich auf in Vergangenheit und Gegenwart. Es wird in Rückblicken und in verschränkter Reihenfolge erzählt, so dass man als Zuschauer nach und nach über die Ereignisse und das wahre Gesicht der Lehrerin aufgeklärt wird. So bleibt man gespannt dabei und versucht während des Schauens die einzelnen Puzzleteile zusammenzusetzen.

Zu viel poliert, zu wenig gewagt
Der allegorische Charakter der Figuren und des Inhalts ist teilweise zu offensichtlich und durchschaubar. Dabei wirkt der Versuch, ein Modell der Korruption im Kommunismus zu konstruieren in mancher Hinsicht verkrampft und aufgesetzt. Obwohl der Beitrag vom 2. Mittel Punkt Europa Filmfest in München/Regensburg auch aufgrund der überspitzten Handlung als Komödie eingeordnet werden kann, ist der Plot alles andere als leichtherzig. Machtgier, Korruption, Sadismus, Manipulation, Missgunst und Suizid sind die leitenden Motive und Ereignisse im Film. Obwohl all dies nicht nur angesprochen, sondern weitergedacht wird, bleibt The Teacher zu vorsichtig und risikoscheu. Die düsteren Prämissen werden nur so weit geführt, dass immer noch geschmunzelt werden kann. Der logische Schluss der Geschichte wäre gewesen, dass die Lehrerin die Eltern nicht nur an ihre moralischen Grenzen treibt, sondern weit darüber hinaus.



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Eine clevere Dramedy mit schwarzem Humor und ernsthaftem Hintergrund. Angelehnt an die Folgen des Kommunismus in Osteuropa gelingt mit "The Teacher" eine sehenswerte Parabel von Machtmissbrauch und menschlicher Moral, die gegen Ende aber noch ein paar Nuancen düsterer hätte sein können.
7
von 10