„3 Tage in Quiberon“, Deutschland/Österreich/Frankreich, 2018
Regie: Emily Atef; Drehbuch: Emily Atef; Musik: Christoph M. Kaiser, Julian Maas
Darsteller: Marie Bäumer, Birgit Minichmayr, Robert Gwisdek, Charly Hübner
Das Verhältnis von Romy Schneider (Marie Bäumer) zur deutschen Presse ist Anfang der 1980er mindestens angespannt, wenn nicht gar vergiftet. Beide Seiten begegnen sich mit Unverständnis, die Schauspielerin fühlt sich von den Journalisten nicht gewürdigt, die sich ausschließlich für die Skandale in ihrem Leben interessieren und nicht für ihre Arbeit. Dennoch stimmt sie zu, während eines Aufenthalts in dem bretonischen Kurort Quiberon von dem Reporter Michael Jürgs (Robert Gwisdek) interviewt zu werden – auf Vermittlung durch den mit ihr befreundeten Fotografen Robert Lebeck (Charly Hübner). Schneider, die sich in dem Hotel auf einen neuen Film vorbereiten will, lädt auch ihre Jugendfreundin Hilde (Birgit Minichmayr) ein, einige Tage dort zu verbringen. Bald schon eskaliert die Situation jedoch, in den Gesprächen gibt die Künstlerin zunehmend die persönlichsten Geheimnisse preis, auch unter dem Einfluss von Alkohol.
Sie ist sicherlich eine der schillerndsten und faszinierendsten Persönlichkeiten, die das deutschsprachige Kino im 20. Jahrhundert hervorgebracht hat. Aber auch eine der tragischsten. Gerade einmal 17 Jahre alt war Romy Schneider, als ihr in der Rolle der kaiserlichen Sissy der Durchbruch gelang. Doch der Ruhm war gleichzeitig auch Fluch für die Künstlerin. Während sie sich im Ausland, gerade auch in Frankreich, einen Namen als große Charakterdarstellerin machte und diverse bedeutende Preise gewann oder zumindest dafür nominiert wurde, war das Ansehen in Deutschland zwiespältig. Vor allem der Gegensatz zwischen ihrem Prinzessinnen-Image aus den Filmen und ihrem skandalträchtigen Leben führte auf beiden Seiten zu Verstimmungen.
Ein besonderer Einblick in einen besonderen Menschen
Umso bemerkenswerter war das Interview, das sie 1981 dem Stern gegeben hat und das die Vorlage für 3 Tage in Quiberon bildet. Selten freimütig erzählte sie darin von den Schattenseiten ihres Lebens, von den psychischen Problemen auch, die sie verfolgten. „Ich bin eine unglückliche Frau von 42 Jahren und heiße Romy Schneider“, gab sie damals Jürgs gegenüber an. Regisseurin und Drehbuchautorin Emily Atef (Töte mich) ließ sich von dem damaligen Interview aber nur inspirieren. Zum einen dichtete sie hinzu, wo es ihr nötig erschien. Zum anderen ist das Drama auch nur begrenzt ein tatsächliches Biopic.
Natürlich erfahren wir das eine oder andere Detail aus dem Leben der Schauspielerin. Atef gelingt zudem in Zusammenarbeit mit einer glänzend aufspielenden Marie Bäumer (Irre sind männlich) das spannende Porträt einer gebrochenen und sehr widersprüchlichen Frau. Eine, die im einen Moment offen und herzlich ist, im nächsten in sich gekehrt und misstrauisch. Willensstark und schwach in einem. Der auf der einen Seite die Welt zu Füßen liegt, sie auch bezirzt, die auf der anderen aber gar nicht versteht, wie diese Welt denn nun eigentlich funktioniert.
Viel mehr als nur ein Biopic
Gleichzeitig hat 3 Tage in Quiberon sehr viel über das Leben als Künstler allgemein zu erzählen. Darüber, sich ständig verkaufen zu müssen, im Scheinwerferlicht stehen. Ein Mensch, von dem wir wollen, dass er uns alles über sich erzählt, dabei aber nicht unser Bild von ihm stören soll. Dass dies oft nicht zusammenpasst, liegt eigentlich auf der Hand und ist doch eben Schicksal eines Stars, der sich schlussendlich nicht mehr selbst gehört. Von dem wir gar nicht wollen, dass er jemand anderem als uns gehört.
Das ist an manchen Stellen ein bisschen anstrengend in seiner Offensichtlichkeit, an anderen lässt sich Atef hingegen recht viel Zeit. Insgesamt ist der Film, der seine Weltpremiere auf der Berlinale 2018 feierte, auch ein bisschen lang geraten, dreht sich die eine oder andere Runde zu viel im Kreis. Aber es ist eben auch ein interessanter Film, der unser Verhältnis zu Künstlern in Frage stellt, unsere medialen Besitzansprüche und solche privater Natur – Hilde mag die beste Freundin sein, aber auch sie muss sich unangenehme Fragen gefallen lassen. Da 3 Tage in Quiberon zudem mit wunderschönen Schwarzweißaufnahmen arbeitet – auch hier schimmert der Einfluss des historischen Interviews durch – ist das mitunter kammerspielartige Drama eines der spannenderen Künstlerporträts, die in der letzten Zeit in die Kinos gekommen sind.
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