„7 Days in Entebbe“, UK/US, 2018
Regie: José Padilha; Drehbuch: Gregory Burke; Musik: Rodrigo Amarante
Darsteller: Daniel Brühl, Rosamund Pike, Eddie Marsan, Lior Ashkenazi, Denis Ménochet
Es versprach ein ganz regulärer, gewöhnlicher Flug zu werden, als die Besatzung und die Passagiere am 27. Juni 1976 an Bord der Air France Maschine 139 gingen. Doch das sollte sich ändern, als das Flugzeug auf dem Weg von Tel Aviv nach Paris in Athen Halt machte. Vier Menschen, darunter die Deutschen Wilfried Böse (Daniel Brühl) und Brigitte Kuhlmann (Rosamund Pike) und zwei Mitglieder der Volksfront zur Befreiung Palästinas, kamen hinzu, im Wissen und mit der Absicht, dass das Flugzeug nicht seinen Zielort erreichen wird. Stattdessen wird die Maschine nach Uganda umgeleitet. Wenn nicht die geforderten palästinensischen Gefangenen freigelassen werden, so die Drohung der Entführer, werden die Geiseln nach und nach getötet. Während der israelische Premierminister Yitzhak Rabin (Lior Ashkenazi) noch um eine friedliche Lösung ringt, drängt Verteidigungsminister Shimon Peres (Eddie Marsan) darauf, die Geiseln mithilfe der Armee zu befreien – trotz der hohen Risiken.
Kaum eine Flugzeugentführung war wohl spektakulärer, hat sich ähnlich deutlich in das kollektive Gedächtnis gebrannt wie die der Air France Maschine 1976. Kein Wunder, dass es im Laufe der Zeit eine ganze Reihe von Filmen gegeben hat, die sich diesem Ereignis annähern wollten – sei es im dokumentarischen oder fiktionalen Bereich. Angesichts der großen historischen Konkurrenz stellt sich bei 7 Tage in Entebbe daher unweigerlich die Frage: Warum sollte ich mir die neue Adaption anschauen? Ist die Geschichte überhaupt noch relevant, mehr als 40 Jahre später?
Die Geschichte wiederholt sich
Wenn es nach den Machern von 7 Tage in Entebbe geht, dann lautet die Antwort wenig überraschend „ja“. Keine Gelegenheit wird ausgelassen, um eine Verbindung von damals zu heute herzustellen. „Wenn wir nicht bereit sind zu verhandeln, wird es nie Frieden geben“, sagt Rabin an einer Stelle. Wiederholt das später auch noch mal, um sicherzugehen, dass das Publikum den Hinweis auch ja verstanden hat. Denn der Thriller will mehr sein als bloße Spannung. Er sieht sich auch als Versuch, Brücken zu schlagen, wegzukommen von der üblichen Schwarzweißzeichnung.
Als Grundgedanke ist das nicht uninteressant. Anstatt die eine Seite pauschal als Terroristen zu verurteilen oder sie im Gegenteil zu Helden zu verklären, dürfen die Entführer irgendwie beides sein. Das ist natürlich hoch spekulativ, vor allem bei den beiden Deutschen: Wilfried Böse ringt immer wieder mit sich, ist grundsätzlich von seiner Tat überzeugt, erliegt dann aber doch regelmäßig Zweifeln. Auch bei anderen Figuren betont 7 Tage in Entebbe, dass wirklich aus Überzeugung gehandelt wurde, nicht aus Bösartigkeit. Ausnahme ist dabei eindeutig der ugandische Herrscher Idi Amin (Nonso Anozie), dem es allein um Macht, Geld und Ansehen ging und dabei nicht weit von einer Karikatur entfernt ist.
Ohne Rücksicht auf Verluste … oder Glaubwürdigkeit
Auch abgesehen von dem Diktator mangelt es 7 Tage in Entebbe, das seine Weltpremiere auf der Berlinale 2018 feierte, an dem nötigen Feingefühl. Die Dialoge entlarven sich zu oft als Mittel zum Zweck, dienen dazu, dem Publikum Erkenntnisse und Aussagen aufzudrängen, ohne Rücksicht darauf, ob das jetzt zur Person und Situation passt. Das Gefühl, dass hier tatsächliche Menschen miteinander kommunizieren, das hat man so gut wie nie. Da gibt es unmotivierte Kehrtwendungen bei den Figuren und erzwungene Auseinandersetzungen. Und wenn auch das nicht hilft, wird schon mal ein Monolog eingebaut, weil offensichtlich gerade kein passender Gesprächspartner zur Verfügung stand.
Das ist auch deshalb so ärgerlich und fahrlässig ungeschickt, weil der Film so viel mitbringt, was ein besseres Ergebnis hätte erwarten lassen. Eine gute Ausstattung zum Beispiel. Talentierte Darsteller. Die spannende Geschichte, die zum Ende trotz bekannten Ausgangs für Nervenkitzel sorgt. Schön ist auch, dass man zumindest versuchte, die Sprachenvielfalt der Situation deutlich zu machen. Da wird Deutsch und Arabisch gesprochen, Französisch und Englisch. Warum hingegen ausgerechnet die Dialoge in Israel komplett auf Englisch sind, ist nur eine der vielen verblüffenden Entscheidungen, die hier getroffen wurden. Immerhin verdanken wir dieser partiellen Ignoranz sehenswerte Auftritte von Eddie Marsan (Jonathan Strange & Mr. Norrell, Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit), hier mit einem kuriosen Akzent ausgestattet. Eine weitere Wunderlichkeit ist eine Theateraufführung, die parallel zu der Haupthandlung immer wieder gezeigt wird, erst als Probe, später als Realvariante. Die wird über Umwege dann doch noch mit der Geiselnahme verknüpft, ist am Ende aber so wie der Film auch: schön anzusehen, irgendwie spannend, gleichzeitig aber auch von einer erschreckend weltfremden Willkürlichkeit.
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