A Woman Wavering in the Rain
© "A WOMAN WAVERING IN THE RAIN" members

A Woman Wavering in the Rain

„Ame ni Yureru Onna“, Japan, 2016
Regie: Yoshihiro Hanno; Drehbuch: Yoshihiro Hanno; Musik: Yoshihiro Hanno
Darsteller: Munetaka Aoki, Ito Ono, Amane Okayama

A Woman Wavering in the RainKenji Iida (Munetaka Aoki) ist nicht unbedingt der Mensch, der sehr viel Wert auf soziale Kontakte legt. Wenn er zur Arbeit geht, redet er beispielsweise mit den anderen kein Wort. Und außerhalb trifft er ohnehin niemanden. Seine Begeisterung hält sich dann auch in Grenzen, als eines Abends sein Kollege Shimoda (Amane Okayama) vor der Tür steht, mit Satomi (Ito Ono) im Schlepptau. Die ist hübsch, will sich gerade von ihrem Freund treffen und braucht dringend eine Unterkunft. Und ausgerechnet Iida, so die Idee von Satomi, soll diese zur Verfügung stellen. Nur widerwillig lässt der sich darauf ein, ohne zu ahnen, was er sich damit antut. In Folge wird die Beziehung der beiden intimer, aber auch schwieriger – denn beide haben mit traurigen Erfahrungen zu kämpfen.

Viele Wege führen zum Regiestuhl
Dass sich Schauspieler genötigt fühlen, irgendwann selbst auch Regie zu führen, das haben wir oft genug erlebt. Auch der eine oder andere Drehbuchautor ist der Ansicht, er könne seine eigenen Ideen besser umsetzen als andere und wagt daher die Doppelbelastung. Dass aber ein Komponist auch Ambitionen in dieser Hinsicht pflegt, das kommt dann doch recht selten vor. Yoshihiro Hanno ist eines dieser seltenen Beispiele: Nachdem er jahrelang für die musikalische Untermalung von Filmen zuständig war, traute er sich 2011 erstmals bei Ugly, Co-Regisseur und Co-Autor zu werden, bevor er 2016 mit A Woman Wavering in the Rain seinen Soloeinstand feierte.

Wenig überraschend ist es dann auch vor allem der atmosphärische Aspekt, bei dem der Film seine Pluspunkte sammelt. Schon die Wohnung von Iida, in der ein Großteil der Geschichte spielt, gibt vor, was wir hier erwarten dürfen: Näher an einem Dixi-Klo als an einem echten Zuhause spürt man hier auf den ersten Blick, dass sich jemand aus dem Leben verabschiedet hat. Über Satomi erfahren wir zwar nichts, was tatsächlich noch einmal weniger ist als bei ihrem Gegenstück. Dass sie nicht unbedingt ein erfülltes Leben führt, das wird jedoch ebenfalls schnell deutlich.

Man darf auch mal nichts sagen …
Die Dialoge sind da schon weniger mitteilungsbedürftig. Iida will nicht reden, Satomi ist zu sehr mit Anfällen oder Rauschmitteln beschäftigt, als dass dabei noch viel Platz für Worte wäre. Eine ganze Zeit lang sieht es so aus, als wäre A Woman Wavering in the Rain ein weiterer Film über zwei zerstörte Menschen, die sich langsam annähern. Over the Fence und The Tokyo Night Sky Is Always the Densest Shade of Blue fallen da beispielsweise ein, zwei Kollegen, die ebenfalls aus Japan stammen und sich mit den weniger glücklichen Beispielen der menschlichen Spezies befassen. Das funktioniert ganz gut, auch im Zusammenhang mit den düsteren Bildern, die Hanno uns aus seinem Heimatland mitgebracht hat.

Weniger glücklich ist jedoch auch, wenn der Beitrag des Japan-Filmfests Hamburg 2017 die zwar nicht außergewöhnlichen, aber doch zumindest stimmigen Dramawege verlässt und etwas in Richtung Thriller schielt. Dass vor allem bei Iidas Eremitendasein mehr dahintersteckt als einfach nur soziale Inkompetenz, diese Vermutung stellt sich schnell ein. Die Auflösung ist jedoch kaum beglückend, weder in Bezug auf den Inhalt noch die Art und Weise, wie dieser ans Licht kommt. Aus den tragischen Vorgeschichten hätte durchaus ein interessantes Werk zu Schuld und Sühne werden können, darüber anderen und sich selbst zu verzeihen. Nur wird das hier so unglaubwürdig und konstruiert, dass jeglicher Ansatz sofort totgetrampelt wird. Ebenfalls unschön: Hanno hat es dabei einfach zu eilig. Während das Tempo weitestgehend gemütlich ist, muss das später sehr schnell abgehandelt werden, das Fazit ist schon da, bevor wir uns auf den Weg gemacht haben. Sollte sich der Nachwuchsregisseur noch ein weiteres Mal über seine Stammaufgabe hinaus betätigen wollen, dann sollte er daher an der Balance arbeiten. So bleibt ein Werk mit guten Zutaten, aber nur durchschnittlichem Ergebnis.



(Anzeige)

Ein menschenscheuer Einsiedler wird zur Aufnahme einer fremden Frau gezwungen und kommt dieser mit der Zeit näher. Was längere Zeit nach einem zwar nicht außergewöhnlichen, aber doch zumindest stimmungsvollen Außenseiterdrama ausschaut, will zum Ende hin mehr sein und gerät dabei völlig aus dem Tritt.
5
von 10