„Breakdown in Tokyo“, Deutschland, 2017
Regie: Zoltan Paul; Drehbuch: Zoltan Paul; Musik: PeroPero
Darsteller: Zoltan Paul, Tomoko Inoue, Clementina Hegewisch, Julian Adam Pajzs
Man könnte hier sagen: Glück im Unglück. Oder wenigstens das Beste aus einer Situation zu machen. Denn schön ist die nicht so wirklich, nach dem Wegfall seines Projektes hat der Regisseur Zoltan Paul (Zoltan Paul) eigentlich nichts zu tun. Da trifft es sich doch ganz gut, dass sein Sohn Julian Adam Pajzs (Julian Adam Pajzs) mit seiner Band PeroPero nach Japan will, um dort auf Tour zu gehen. Denn Paul will das ebenfalls. Nach Japan. Schließlich hat er dort ohnehin einen Termin, um seinen letzten Film vorzustellen. Da könnte er doch gleich mitgehen und einen weiteren Film drehen, diesmal eine Doku über die Auftritte seines Sohns. Wäre da nur nicht Nahoko (Tomoko Inoue), die junge Tourmanagerin der Band, mit der Paul etwas anfängt und so für jede Menge Chaos sorgt.
Man muss hier schon zweimal nachschauen, um ganz sicher zu sein. Vielleicht auch dreimal. Und ist es am Ende dann doch nicht wirklich. Ist Breakdown in Tokyo nun ein Spielfilm oder eine Dokumentation? Das Achtung Berlin Filmfest lässt ihn in der Kategorie Spielfilm antreten, schon klar. So richtig klar ist es dann aber doch nicht. Beispielsweise ist die Hauptfigur Zoltan Paul auch im wahren Leben ein deutscher Regisseur ungarischer Abstammung diesen Namens. Der Film Amok – Hansi geht’s gut, den Paul in Tokio vorstellen so soll, gibt es ebenfalls, war das vorangegangene Werk des Filmemachers. Julian Adam Pajzs, sein Sohn, plus dessen Band PeroPero – gleichfalls real und dokumentiert.
Bilder eines Touralltags
Aber auch die Umsetzung lässt die Grenze zwischen Fiktionalem und einer reinen Dokumentation verschwimmen. Wenn hier mit Handkamera durch die japanische Metropole gestolpert wird, dann sieht das eher nach Zufallsprodukt aus, nicht nach einem im Vorfeld geplanten Film. Man würde Breakdown in Tokyo daher, zumindest am Anfang, durchaus abnehmen, dass es sich um eine ganz normale Doku über den Touralltag einer jungen Band handelt.
Bis nichts mehr normal ist. Dass Paul, gesegnet mit einer nörgelnden Frau, einer deutlich jüngeren verfällt, die sich ihm relativ schamlos an den Hals wirft, doch, das lässt sich abnehmen. Man ist schließlich nie zu alt für eine neue Liebe. Und nie zu alt dafür, riesigen Mist zu bauen und Chaos zu stiften. Glücklicherweise gibt es da aber noch Nahoko. Die heißt im wahren Leben eben nicht Nahoko und ist hoffentlich auch nicht vergleichbar angeknackst. Wenn die Tourmanagerin liebestrunken ganz andere Seiten von sich (und ihrer Familie) zeigt, dann erhalten wir die ersehnte Nachricht: Alles gut, ist doch nur ein Film. Denn an den Stellen wird es zu übertrieben, um noch Alltag zu sein. Zu grotesk.
Das Chaos hat viele Formen
Das ist es dann auch, was Breakdown in Tokyo deutlich von dem großen Vorbild Lost In Translation unterscheidet: Wo die amerikanische Variante des Japanstrudels von Melancholie geprägt war, von Sehnsucht, mag es die deutsche Midlife Crisis lieber etwas absurder und komischer. Richtig viele Pointen hat der Film, der seine Premiere auf den Hofer Filmtagen 2017 feierte, eigentlich nicht. Er verlässt sich lieber darauf, dass die Situation für sich spricht. Das tut sie mal mehr, mal weniger, schwankt zwischen albern, realistisch und surreal. Das wiederum passt natürlich gut zu Japan und den vielfältigen Eindrücken, die der Film vermittelt. Wenn unberührte Natur auf Großstadtmoloch trifft, Selbstverwirklichung auf Plastikträume, dann darf man sich in den ausufernden Widersprüchen schon mal etwas verloren fühlen und den einen oder anderen Zusammenbruch erleiden.
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