„Dude“, USA, 2018
Regie: Olivia Milch; Drehbuch: Olivia Milch
Darsteller: Lucy Hale, Kathryn Prescott, Alexandra Shipp, Awkwafina, Alex Wolff
Alles hat einmal ein Ende, das müssen auch Lily (Lucy Hale), Chloe (Kathryn Prescott), Amelia (Alexandra Shipp) und Rebecca (Awkwafina) feststellen. Durch dick und dünn sind sie gegangen, haben großartige Zeiten durchlebt, aber auch sehr schmerzhafte, viel gelacht, viel gesoffen, viel gekifft. Doch nun ist die Zeit an der High-School ist fast vorbei. Während Lily besessen an den Vorbereitungen für den Abschlussball sitzt und dabei ihrem Mitschüler Noah (Alex Wolff) näherkommt, sind die anderen stärker mit ihrem Leben danach beschäftigt. Und so langsam müssen sie sich die Frage stellen: Was wird eigentlich aus ihrer Freundschaft, wenn sie sich nicht mehr jeden Tag sehen?
So ein bisschen ist Dude ja schon eine Mogelpackung. Ganz abgesehen davon, dass die meisten bei dem Titel eher an einen Mann denken würden anstatt an eine Mädelsclique, weckt auch der Trailer falsche Erwartungen. Offensichtlich war man bei Netflix der Ansicht, man könne den Film am besten verkaufen, wenn man die Neigung der Freundinnen zum Feiern und Kiffen am besten herausstellt. Das ist einerseits schon verständlich. Filme wie Bad Moms und Girls Trip haben zuletzt beachtliche Mengen Geld eingespielt, das Thema „Frauen können auch Party machen“ spricht doch eine größere Zielgruppe an. Einen wirklichen Gefallen hat man sich mit dieser Verkaufsmasche aber wohl nicht getan, wie man an den harschen Reaktionen auf imdb sieht.
Es gibt mehr im Leben als Witze und Drogen
Ja, Feiern gehört zum Selbstverständnis der vier. Und Drogen sind da oft dabei. Abgesehen von einigen wenigen witzigen Momenten – sei gegrüßt, Donkey Bong – spielt beides aber keine große Rolle. Dude ist nicht einmal eine reine Komödie, auch wenn viele Themen hier auf eine humorvolle Weise angegangen werden. Stattdessen erzählt Regisseurin und Drehbuchautorin Olivia Milch bei ihrem Debüt eine recht klassische Coming-of-Age-Geschichte, die sich mit typischen Problemen des Erwachsenenwerdens auseinandersetzt. Probleme bei der Familie zum Beispiel. Die Dauerbaustelle Liebe. Die Frage nach dem zukünftigen Beruf.
Am wichtigsten war Milch jedoch wohl die Auseinandersetzung mit dem Thema Freundschaft und ihrer Vergänglichkeit. Das ist eines, dem wir in unserem Leben oft begegnen werden, egal ob nun an wichtigen Weggabelungen oder im Alltag. Wer Jahre miteinander verbracht hat, kann sich kaum vorstellen, dass es irgendwann einmal anders sein könnte. Will es auch nicht. Vor allem Lily hat hiermit ein Problem, krallt sich an die anderen drei, so wie sie allgemein ihre Vergangenheit um keinen Preis der Welt wiederhergeben will.
Freundinnen als Begleiterscheinung
Sie ist dann auch die interessanteste der vier Figuren, da sie sich am meisten mit ihrem Gefühlsleben auseinandersetzen muss. Chloe wird immerhin noch als Gegenstück gebraucht. Die beiden anderen sind hingegen einfach nur irgendwie da, manchmal für einen Gag gut. Für einen Film, der von einer Clique handelt, kommen sie aber erstaunlich kurz. Ohnehin ist der Tiefgang nicht allzu hoch. Manche Themen werden nur beiläufig gestreift, obwohl sie mehr verdient hätten. Eine besonders schockierende Szene ist bald im Anschluss wieder vergessen, was gerade in Zeiten von #MeToo manche böse Reaktion hervorrufen wird.
Aber Dude soll eben nicht böse sein, sondern aufbauend. Anders als so mancher Freundschaftsfilm betont Milch, dass Veränderungen zum Leben dazugehören, dass manches eben doch nicht ein Leben lang hält – oder auch halten sollte. Dass umgekehrt manche Narbe nicht wieder weggehen wird, egal wie sehr wir sie ignorieren und ignorieren wollen. Das ist keine besonders große oder originelle Botschaft. Aber sie ist hier schön erzählt, auch mithilfe einer sympathischen Besetzung. Wer also nicht darauf besteht, im Sekundentakt mit Witzen zugeballert zu werden, besonders solchen unterhalb der Gürtellinie, der sollte der eher ruhigen Tragikomödie eine Chance geben. Sie wird sicher nicht die Welt verändern, ist aber nah genug an dieser dran, dass es sich lohnt, hier einmal vorbeizuschauen.
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