Enokida Trading Post

Enokida Trading Post

„Enokida Boekido“, Japan, 2017
Regie: Ken Iizuka; Drehbuch: Ken Iizuka
Darsteller: Kiyohiko Shibukawa, Ryû Morioka, Sairi Itô, Kenichi Takitô, Kimiko Yo, Toshie Negishi

Enokida Trading Post
„Enokida Trading Post“ läuft im Rahmen des 18. Nippon Connection Filmfests in Frankfurt a. M. (29. Mai bis 3. Juni 2018)

Etwas wegwerfen? Nein, das widerspricht der Lebensanschauung von Enokida (Kiyohiko Shibukawa). Man kann alles irgendwann noch einmal gebrauchen, und sei es nur, um es jemand anderem verkaufen zu können. Und so handelt er in seinem Ramschladen eigentlich mit allem, das ihm in die Hände fällt. Da sind Dekoartikel ebenso dabei wie Ritterrüstungen bis zu Haushaltsutensilien. Das wirft zwar nicht wirklich viel Geld ab, aber es reicht, um noch ein paar andere Leute zu beschäftigen. Wobei, beschäftigt sind die ja eigentlich nie, zumindest nicht mit Arbeit. Privat jedoch, da fällt einiges bei ihnen an, was ihnen den letzten Nerv raubt. Oder sonstiges.

Gutes muss nicht unbedingt teuer sein. Das gilt für die Produkte, die man im Laden so kauft. Und das gilt für Filme, die in eben solchen Läden spielen. Nachdem 100 Yen Love ein 100-Yen-Geschäft – das japanische Pendant zum 1-Euro-Shop – zum Schauplatz für eine ungewöhnliche Boxer-Coming-of-Age-Geschichte nutzte, lädt uns Regisseur und Drehbuchautor Ken Iizuka hier in einen richtigen Ramschladen ein. Wo bei der Konkurrenz aber noch fein säuberlich geordnete Regale auf die Kundschaft warten, gibt es hier nur das Chaos. Kein Wunder also, dass es eher die Ausnahme ist, wenn in Enokida Trading Post auch einmal ein Kunde zu sehen ist.

Die haben doch alle einen an der Waffel …
Gemeinsam ist den beiden Filmen aber auch der Hang zu etwas ausgefallenen Figuren. Enokida selbst ist ein gut gelaunter Tunichgut, der zuweilen wie der Guru einer kleinen Sekte wirkt, die ihm hörig ist, auch wenn sie nicht unbedingt immer das tut, was sie soll. Nicht dass es hier viel zu tun gäbe. Die Protagonisten sind eher mit sich selbst beschäftigt, mit albernen Spielchen, mit der alles entscheidenden Frage, was es heute zu essen gibt. Aber auch mit Problemen.

Einige darunter sind schon ernster Natur. Eheprobleme finden sich darunter, bis ins Ehebett hinein. Die Gesundheit spielt nicht immer mit, wie sie soll. Das Herz sowieso nicht, in mehr als einer Hinsicht. Iizuka erzählt davon jedoch mit viel lakonischem Humor und einem Gespür für Kleinstadtmarotten. Das ist immer mal wieder nah an der Grenze zum Absurden, sofern diese nicht schon überschritten ist, Enokida Trading Post hält jedoch schön die Balance zwischen Witz und Herz, zwischen dem Grotesken und dem Alltag.

Skurril, aber herzlich
Enokida Trading Post, das seine Weltpremiere in Anwesenheit von Hauptdarsteller Kiyohiko Shibukawa Ende Mai auf der Nippon Connection 2018 in Frankfurt am Main feiert, ist dann auch ein kleiner Geheimtipp für die Freunde skurrilen Humors japanischer Prägung. Es gibt nicht so wahnsinnig viel Entwicklung in dieser Komödie, auch weil die Figuren Kinder in erwachsenen Körpern sind. Kinder, die zwar älter werden, aber nicht unbedingt weiser. Iizuka macht sich sogar einen Spaß daraus, diverse Running Gags einzubauen, wovon zumindest einer auch wörtlich zu verstehen ist.

Auf der Suche nach Erkenntnissen sind die Kollegen, die irgendwann dann doch mehr sind, dabei durchaus. Aber nicht jeder Schritt führt dabei ans Ziel. Muss auch nicht. Irgendwie mag man sie dennoch, diese Ansammlung von Chaoten und Verlierern, denen jegliche Perspektive fehlt, die dafür aber doch auch das Herz am rechten Fleck haben. So wie Enokida Trading Post insgesamt ein sehr charmanter Film geworden ist, ein bisschen gaga, dabei ruhig und ohne viele echte Pointen. Ein Film über Leute, mit denen man sofort ein Bier trinken würde, nur um dann über Gott, die Welt, Onlinebörsen, Phalluspilze und Nudelgerichte zu philosophieren.



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Und was machen wir heute? Dasselbe wie gestern. Übers Essen reden und auf Kunden warten. „Enokida Trading Post“ nimmt uns mit in einen Ramschladen in einer japanischen Stadt, in der es irgendwie alles gibt, nur keine echte Perspektive. Die ruhige Komödie lebt dabei von dem lakonisch-skurrilen Humor sowie von seinen Figuren, die zwar alle keinen Plan, dafür aber das Herz am rechten Fleck haben.
7
von 10