„First Match“, USA, 2018
Regie: Olivia Newman; Drehbuch: Olivia Newman
Darsteller: Elvire Emanuelle, Yahya Abdul-Mateen II
Man kann nicht unbedingt behaupten, dass Monique (Elvire Emanuelle) so wahnsinnig viel Glück im Leben gehabt hätte. Immer wieder wurde sie von einer Pflegefamilie zur nächsten geschoben, niemand hat sich wirklich für sie und ihre Sorgen interessiert. Zwar sieht es derzeit ausnahmsweise mal gut aus. Dennoch sehnt sie sich danach, ihren Vater Darrel (Yahya Abdul-Mateen II) wiederzusehen, zu dem sie schon lange keinen Kontakt mehr hat und der immer wieder Probleme mit dem Gesetz hat. Um ihm näherzukommen und ihn zu beeindrucken, beschließt sie, sich dem Wrestling-Team ihrer Schule anzuschließen – schließlich war er ebenfalls ein erfolgreicher Wrestler in seiner Jugend. Tatsächlich zeigt sie großes Talent dabei, tut sich aber schwer damit, sich in der Gruppe einzufügen.
Eines muss man Netflix ja lassen: Bei ihrem Versuch, die Weltherrschaft im Film- und Serienbereich zu erringen, lassen sie kein Genre aus, kein Thema, keine Zielgruppe. Zuletzt setzen sie bei ihrem Expansionsdrang offensichtlich auch verstärkt auf ein schwarzes Publikum. Mit der Serie On My Block erzählen sie aus dem Leben einer Teenie-Clique in ärmlichen Verhältnissen, die sich aus Schwarzen und Latinos zusammensetzt. In dem Biopic Roxanne Roxanne folgen sie dem Leben der Rap-Pionierin Roxanne Shanté. Und auch in First Match geht es um eine junge Schwarze, die sich ihren Platz im Leben erst noch erkämpfen muss – in diesem Fall sogar wortwörtlich.
Eine Frau allein auf weiter Männerflur
Vor allem die beiden Filme haben einiges gemeinsam. Nicht nur, dass sie jeweils eine schwarze Teenagerin zur Protagonistin haben, die sowohl familiäre wie auch finanzielle Probleme hat. Beide handeln zudem davon, wie sich eine Frau in einer männerdominierten Welt durchsetzen müssen. Das ist bei First Match sogar noch ein klein wenig beeindruckender, da hier neben Selbstvertrauen auch eine gewisse Physis Voraussetzung ist. Monique ist nicht nur das einzige weibliche Mitglied ihres Wrestlingteams. Sie muss im Ring auch gegen Männer bestehen. Dass ihr Umfeld auf den Plan sehr skeptisch reagiert, ist verständlich, als Zuschauer geht es einem an der Stelle nicht anders.
Seltsamerweise ist Olivia Newman, die hier Regie führte und das Drehbuch schrieb, aber gar nicht an diesem Thema interessiert. Zu Beginn setzt es misstrauische Blicke und den einen oder anderen Kommentar. Doch das war es aber auch schon, im Anschluss ist komplett vergessen, dass da eine Frau gegen Männer kämpft. Das mag man vielleicht als progressiv empfinden, wie an der Stelle nicht mehr zwischen Geschlechtern unterschieden wird. Ein wenig befremdlich ist es aber schon, diesen Aspekt so gar nicht zu beachten, umso mehr, da Newman ja erzählen will, wie eine junge Frau sich durchzusetzen lernen muss.
Sportlich nur zweitklassig
Allgemein ist der Sportteil von First Match relativ enttäuschend. Richtig viele Kampfszenen gibt es nicht, sie sind meist auch sehr kurz. Vor allem aber fehlt etwas, um aus dem Film mehr zu machen als nur ein weiteres Sportdrama über einen rebellischen Außenseiter, der es zu etwas bringt. Ob es die Triumphe oder Niederlagen sind, das folgt hier so sehr den Standardpfaden, dass keine echte Spannung aufkommen will.
Etwas besser ist es um die zwischenmenschlichen Spannungen bestellt. Elvire Emanuelle ist sehenswert als Jugendliche, die mit sichtlichen Aggressionen durchs Leben geht, alles und jeden anfahren kann, der ihr im falschen Moment im Weg steht. Gleichzeitig sehnt sie sich aber eben doch nach Nähe und Anerkennung, allen voran durch ihren Vater. Das hat einige recht rührende Szenen zur Folge, die mit kleinen Gesten arbeiten, mit einem Lächeln. Aber auch da ist First Match nicht frei von Klischees. Das kann man sich insgesamt ganz gut anschauen, ist in den besseren Phasen ein stimmungsvolles Milieuporträt. Keines jedoch, das von dem Wrestlingaspekt einmal abgesehen so sehr aus der Masse an Sozialdramen hervorsticht, dass man es unbedingt anschauen müsste.
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