„Gnomeo and Juliet“, UK/USA, 2011
Regie: Kelly Asbury; Drehbuch: Kelly Asbury, Mark Burton, Andy Riley, Kevin Cecil, Emily Cook, Kathy Greenberg, Steve Hamilton Shaw
Vorlage: William Shakespeare; Musik: Chris Bacon, James Newton Howard
Man kann nicht unbedingt behaupten, dass es das beste Nachbarschaftsverhältnis Englands wäre. Eigentlich hassen sich Mrs. Montague und Mr. Capulet sogar, die je einen Teil eines älteren Herrenhauses bewohnen. Und das gilt auch für die Gartenzwerge, die zum Leben erwachen, sobald die Menschen außer Sichtweite sind. Wenn sich die roten und die blauen Zwerge nicht gerade in einem Rasenmäherduell bekriegen, streiten sie sich unentwegt. Kompliziert wird es jedoch, als sich Gnomeo und Julia eines Nachts über den Weg laufen, während sie beide eine wertvolle Orchidee für den eigenen Garten pflücken wollen, und sich sofort Hals über Kopf ineinander verlieben. Denn leider gehören sie den unterschiedlichen Familien an, weshalb auch niemand etwas von ihrer Beziehung erfahren darf.
Es dürfte kaum eine Liebesgeschichte geben, die berühmter ist als Romeo und Julia. Es ist aber auch zu tragisch, wie William Shakespeare darin von zwei Jugendlichen erzählte, die verfeindeten Familien angehören und deswegen ihre Gefühle nicht ausleben durften – mit fatalem Ergebnis. Ganz so traurig wie in dem legendären Stück des Barden geht es in Gnomeo und Julia natürlich nicht zu. Während viele Figuren und Elemente aufgegriffen wurden, wenn auch in veränderter Form, so richtet sich der Animationsfilm natürlich an eine jüngere Zielgruppe. Und die will nun mal von düsteren Enden nichts wissen.
Alles nicht so schlimm
Puristen wird das vielleicht weniger gefallen, dass der eigentliche Kern der Vorlage so abgeändert wird. Andererseits hat gerade dieses Stück von Shakespeare so viele unterschiedliche Interpretationen erfahren, dass es auf eine mehr oder weniger nicht ankommt. Zumal Gnomeo und Julia seinerzeit über Disney erschien. Und dass das Mäuseunternehmen keine Scheu dabei kennt, finstere Klassiker (kinder-)freundlicher zu machen, das haben sie zuvor schon mehrfach bewiesen – etwa Cap und Capper oder Der Glöckner von Notre Dame.
Animiert wurde das Werk jedoch nicht inhouse, sondern bei den kanadischen Kollegen von Starz Animation (#9). Vorzeigbar ist das Ergebnis dennoch. Während der Garten ein klein wenig langweilig geworden ist, überzeugen doch dessen Bewohner. Die Texturen der Gartenzwerge sehen tatsächlich so aus, als hätte man hier ein paar der kultig-scheußlichen Dekofiguren zu Leben erweckt. Dazu gibt es ein paar andere kauzige Gartenbewohner, die tatsächlich witzig aussehen.
Verstaubte Witze für die Kleinen
Der inhaltliche Witz ist dafür leider sehr viel weniger gelungen. Klar ist die Grundidee originell: Der große Streit zweier historischer Familien auf Gartenzwerge zu übertragen und ihn somit der Lächerlichkeit preiszugeben, darauf muss man erst einmal kommen. Was aber eine Satire auf verbissene Kleinbürgerlichkeit hätte werden können, wird hier als belanglose 08/15-Komödie verheizt. Es gibt kleinere Anspielungen auf die Werke Shakespeares, dazu noch einen kurzen Anflug von Meta-Humor, der dem Film auch wirklich guttut.
Aber es bleibt die Ausnahme, das eigentliche Setting spielt irgendwie überhaupt keine Rolle. Das Szenario, dass à la Toy Story Figuren in Abwesenheit der Menschen ein eigenständiges Leben führen, wird ebenso wenig genutzt wie die Verbindung von Menschen zu Gartenzwergen. Es sind einfach nur zwei Parallelgesellschaften, ohne echte Berührungspunkte. Und selbst die Figuren sind recht langweilig geworden, bleiben ohne nennenswerte Persönlichkeit und Charisma – trotz einer im englischen Original absurd prominenten Sprecherriege. Für Letztere lohnt es sich eventuell, hier mal reinzuschauen. Der eine oder andere nette Moment ist ja auch dabei. Letzten Endes werden aber hauptsächlich jüngere Semester angesichts des hohen Tempos, der Slapstickeinlagen und der flotten, teils neu interpretierten Lieder von Elton John ihren Spaß haben. Das ist als Ziel nicht verkehrt, ist aber doch auch irgendwo Verschwendung des Konzepts, da hätte man deutlich mehr rausholen können.
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