„Matilda“, Russland, 2017
Regie: Aleksey Uchitel; Drehbuch: Alexandr Terehov; Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Lars Eidinger, Michalina Olszanska, Luise Wolfram
Nikolaus (Lars Eidinger) ist zu Großem auserkoren, ist er doch der zukünftige Thronerbe Russlands. Und ein solcher Mann kann nicht mit einer x-beliebigen Frau liiert sein, so viel steht fest. Aus diesem Grund wird auch gar nicht gern gesehen, dass der Adlige ausgerechnet auf die Primaballerina Mathilde Kshessinsksa (Michalina Olszanska) ein Auge geworfen hat. Die ist bekannt und sehr schön, kein Zweifel. Aber seines Standes nicht würdig. Und so lässt sich Nikolaus der Versprechen abnehmen, stattdessen Prinzessin Alix von Hessen (Luise Wolfram) zur Frau zu nehmen. Gleichzeitig kann er seine große Liebe Mathilde aber nicht vergessen …
Dass der Russe keinen Spaß versteht bei der filmischen Darstellung seiner Nationalheiligen, das hat er zuletzt mehrfach bewiesen. Ob es nun Politiker sind wie in The Death of Stalin oder die Affäre des letzten Zaren mit einer Tänzerin, da hagelt es Proteste. Und den einen oder anderen Molotow-Cocktail. Wobei die heftigen Reaktionen bei Mathilde – Liebe ändert alles aus deutscher Sicht nur wenig nachzuvollziehen sind. Wo die schwarzhumorige Comic-Adaption noch lustvoll provozierte und jeglichen Respekt vermissen ließ, ist das Liebesdrama eigentlich recht brav. Um nicht zu sagen ziemlich banal.
Es kann nur eine Liebe geben!
Im Grunde ist Mathilde – Liebe ändert alles nicht viel mehr als eine dieser typischen Romanzen, in der zwei Liebende sich an äußeren Umständen aufreiben – wie eben der Klassenunterschied –, wo sie doch eigentlich füreinander bestimmt sind. Wem der Zuschauer bzw. die Zuschauerin hier die Daumen drücken soll, steht dabei von vornherein fest. Sowohl Nikolaus wie auch Mathilde werden als Sympathieträger etabliert, während ihre Gegenspieler oder auch Alix nicht einmal für die zweite Wahl taugen. In einer gerechten Welt würden die beiden ein Paar und glücklich bis an ihr Lebensende zusammen sein.
Nun spielt Mathilde aber nun mal nicht in einer gerechten Welt, sondern der unsrigen. Und so sehr wir es aus Hollywood-Schmachtfetzen gewohnt sind: Ein Happy End kommt höchstens mal zufällig dabei heraus. Da sich Regisseur Aleksey Uchitel aber den wahren Begebenheiten verpflichtet fühlte, zu einem Großteil zumindest, ist der Film hier deutlich tragischer als seine Herzgenossen. Von dem grausamen Ende, das den Zaren während der Oktoberrevolution ereilte, mal ganz zu schweigen. So weit reicht das Drama zeitlich dann aber nicht, im üblichen Stil solcher Biopics wird der Rest durch kürzere Einblendungen erzählt.
Alles beim alten
Auch sonst hält sich Mathilde ziemlich eng an das Lehrbuch dieser Art Filme. Größere Überraschungen bleiben aus, selbst innerhalb des historisch vorgegebenen Rahmens. Immerhin sieht das Drama dabei sehr ansehnlich aus. Die großen Paläste, die prächtigen Kleider, das sind schon sehr pompöse Anblicke, ein bisschen märchenhaft auch. Zudem macht Lars Eidinger (SS-GB) als letzter Zar doch eine recht eindrucksvolle Figur. Warum nun ausgerechnet ein Deutscher das russische Oberhaupt spielen musste, erschließt sich nicht so ganz. Aber er bringt doch zumindest so viel Präsenz mit, dass einem das auch recht egal sein kann.
Wer ein Faible für derlei romantisch bestimmte Kostümfilme hat, der darf daher bei dem Beitrag vom Filmfest Hamburg 2017 durchaus vorbeischauen und bei den opulenten Bildern ein bisschen von der großen Liebe träumen. Darüber hinaus hat der Streifen aber relativ wenig zu erzählen, sieht man einmal von den diversen, teils herrlich fiesen Intrigen ab, um den Thronerben doch noch auf den richtigen Weg zu bringen.
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