„Maybe, Baby!“, Deutschland/Österreich, 2017
Regie: Julia Becker; Drehbuch: Julia Becker; Musik: Maxim Vaga, Tom Klose
Darsteller: Julia Becker, Marc Ben Puch, Christian Natter, Charlotte Crome
Als Marie (Julia Becker) und Lukas (Christian Natter) zu der abgelegenen Hütte von Freunden fahren, um dort ein schönes gemeinsames Wochenende zu verbringen, ist der Spaß schon vorbei, noch ehe er angefangen hat. Klar, der Schock wäre unter normalen Umständen schon groß gewesen. Da sind doch tatsächlich andere Leute in der vermeintlich leeren Hütte, Mann und Frau, beide nackt, beim Liebesspiel. Nur handelt es sich dabei nicht um irgendwelche zwei Leute, sondern um Sascha (Marc Benjamin Puch) und Birgit (Charlotte Crome). Sascha ist aber eigentlich mit Marie liiert. Als dann auch noch der Sessellift ausfällt und die vier gezwungen sind, das Wochenende gemeinsam zu verbringen und sich ihren jeweiligen Affären zu stellen, ist der Ofen endgültig aus – in mehr als einer Hinsicht.
Dass man die große Liebe mit jemand anderem betrügt, das ist zwar kein besonders schöner, aber auch kein wirklich ungewöhnlicher Vorfall. Dass beide Seiten einer Beziehung eine Affäre pflegen, gleichzeitig wohlgemerkt, das dürfte schon nicht mehr ganz so oft vorkommen, ist aber zumindest noch vorstellbar. Wenn sie aber vorhaben, das am selben Ort und zur selben Zeit zu tun, ohne das Wissen des jeweils anderen, da muss es schon mit dem Teufel zugehen. Oder sich eben um einen Film handeln, bei dem ja so ziemlich alles möglich ist.
Absurdität trifft Alltag
Julia Becker, sonst eher als Schauspielerin unter anderem in Die Hannas bekannt, wollte diese Möglichkeiten dann auch nutzen, weshalb sie sich gegen die klassische Filmförderung und für eine unabhängigere Finanzierung entschied. Sie entschied sich gleichzeitig aber auch dafür, das Traurige mit dem Komischen verbinden zu wollen, das Alltägliche mit dem Absurden. Siehe die etwas kuriosen Versuche zu Beginn des Films, doch endlich auch mal schwanger zu werden. Dass Maybe, Baby! nicht unbedingt die wahrscheinlichste Ausgangssituation hat, das ist der Filmemacherin sicher bewusst. Es dürfte ihr aber wohl egal sein, denn sie nutzt dieses etwas konstruierte Zusammenkommen der vier auch als Auseinandersetzung verschiedener Lebensentwürfe.
Die sind im Grund bekannt, zugespitzt auf die übliche Frage: Wollen wir ein Kind kriegen oder nicht? Dass die Antwort darauf nicht so einfach ist, die Frage eigentlich ebenfalls deutlich vielschichtiger ist, das liegt in der Natur der Sache. Ähnlich zu Dinky Sinky neulich, wo ebenfalls ein Mann seine Partnerin zum Nachwuchs drängt, wissen die Protagonisten hier gar nicht so genau, was sie denn nun genau vom Leben wollen. Das Kinderkriegen ist da eher der kleinste gemeinsame Nenner. Die bequemste Antwort. Eine Art Beschäftigungstherapie, um sich nicht mit dem Partner oder auch sich selbst auseinandersetzen zu müssen.
Der träge Weg zur Erkenntnis
An einigen Stellen führt Maybe, Baby!, das auf einer Reihe von Festivals lief und nun regulär in die Kinos kommt, diese Diskussionen bzw. eben die Nicht-Diskussionen schön aus. Andere handeln eher von den Konflikten der vier, die zwischen passiv-aggressiv und offenem Schlagabtausch wechseln, teilweise mit sehr komischem Ergebnis. Manchmal zieht sich die Tragikomödie aber auch, trotz der recht kurzen Laufzeit von knapp 80 Minuten. Das ist zwar nachzuvollziehen, schließlich müssen es Marie und Sascha nach Jahren des Schweigens erst einmal lernen, die Themen auch wirklich anzusprechen. Aus Zuschauersicht ist das dann aber weniger dankbar, auf die beiden warten zu müssen.
Die zwei anderen mühen sich zwar redlich, die Wartezeit zu überbrücken, was ihnen aber nur bedingt gelingt. Lukas ist als gut gelaunter, völlig situationsblinder Beau auf Dauer ein wenig anstrengend. Von Birgit kommt hingegen lange Zeit nicht wirklich etwas. Wer sie ist, was sie antreibt, das bleibt ein Rätsel. Aber man muss ja auch nicht alles im Leben verstehen. Maybe, Baby! handelt ja gerade davon, nicht wirklich zu wissen, was das alles soll, was man will, was man nicht will. Das ist nicht immer schön, nicht immer spaßig, aber doch irgendwo auch sympathisch. „Was soll schon groß passieren?“, fragt Birgit die jüngere Marie gegen Ende. Eben. Kommt dann ja doch alles anders, als man denkt – ob man das nun will oder nicht.
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