„Sherlock Gnomes“, UK/USA, 2018
Regie: John Stevenson; Drehbuch: Ben Zazove; Vorlage: Arthur Conan Doyle; Musik: Chris Bacon
Das Leben könnte so schön sein für die Gartenzwerge. Der jahrelange Streit zwischen der blauen und roten Familie ist beigelegt, Gnomeo durfte endlich seine Julia heiraten. Doch dann heißt es umziehen, ins große London, in einen neuen Garten. Letzterer ist aber nicht nur ziemlich schäbig, sondern auch ziemlich gefährlich. In der letzten Zeit sind in der ganzen Stadt Gartenzwerge verschwunden. Als auch die Freunde und Familienangehörigen der zwei plötzlich fort sind, machen sie die Bekanntschaft des berühmten Detektivs Sherlock Gnomes und seines Gehilfen Watson. Gemeinsam begeben sie sich auf die Suche nach den vermissten Wichteln und natürlich auch nach dem Täter. Sollte wirklich das fiese Kuchen-Maskottchen Moriarty hinter der Geschichte stecken? Aber das ist doch unmöglich, alle haben gesehen, wie er bei einem früheren Fall zerquetscht wurde …
Irgendwie ist so ein Gartenzwerg doch eine schwere Geburt. Schon der erste Animationsfilm Gnomeo und Julia wurde seinerzeit immer wieder hin und her verschoben, von einem Studio zum nächsten, dabei mehrfach umgeschrieben – gleich sieben Leute waren am Ende am Drehbuch beteiligt. Das verspricht nie etwas Gutes. Der Film war dann letztendlich auch eine ziemliche Enttäuschung. So witzig die Idee war, Shakespeares berühmte Liebesgeschichte in die Welt der Gartenzwerge zu versetzen, so wenig inspiriert war die eigentliche Umsetzung. Dafür stimmte das Ergebnis an den Kassen: Bei einem bescheidenen Budget von 36 Millionen Dollar wurde etwa das Fünffache wieder eingespielt. Dass da irgendwann noch eine Fortsetzung kommen muss, war eigentlich klar.
So ein Zwerg hat’s schon schwer …
Und schon wieder hatten die Gnome mit allerhand Problemen zu kämpfen. Im März 2012 hieß es bereits, dass an einem zweiten Teil gearbeitet würde. Sechs Jahre sollte es anschließend aber noch dauern, bis auch wirklich ein fertiger Film dabei raussprang. Regisseur Kelly Asbury (Die Schlümpfe – Das verlorene Dorf) wurde aufgrund von Terminschwierigkeiten gegen John Stevenson (Kung Fu Panda) ausgetauscht, auch von den Autoren blieb keiner übrig. Ja, nicht einmal das Animationsstudio war beim zweiten Auftritt der Gartenzwerge beteiligt: Statt Disney nahm sich Paramount ihrer an, unterstützt von den europäischen Kollegen bei Mikros Image (Der kleine Prinz, Sahara).
Immerhin: Die absurd prominente Sprecherbesetzung ist wieder zurück und hat ebenso illustren Zuwachs erhalten. Für die Ohren wird somit einiges geboten. Und auch die Augen bekommen nur wenig Grund zur Klage. Wenn Sherlock Gnomes eines beweist, dann ist es, dass ein Animationsfilm nicht die astronomischen Budgets von Disney, Pixar oder DreamWorks Animation braucht, um gut auszusehen. Die tönernen Protagonisten machen erneut eine gute Figur, gerade auch bei den Texturen inklusive einer rissigen bzw. abgenutzten Oberfläche. Und auch die Ausflüge in die Stadt können sich mehr als sehen lassen, gerade auch weil die Menschen immer nur aus der Ferne sichtbar sind. Das passt dann sehr gut zu der Zwergperspektive.
Neues Abenteuer, alte Fehler
Allerdings verpasst es Sherlock Gnomes erneut, die Welt der Menschen und der Zwerge sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Man lebt nebeneinander her, es gibt kaum Berührungen. Anders als Toy Story, welches das Dasein als Spielzeug thematisiert, spielt es bei den Garten-Deko-Artikeln keine wirkliche Rolle, wer sie sind. Mehr als ein Gimmick wird nie daraus, wenn in der Stadt eine Horde von Gnomen umherrennen. Das ist dieses Mal sogar noch etwas stärker, da Gnomeo und Julia als bloßes Anhängsel von Holmes und Watson nicht allzu viel zu tun bekommen und wir überhaupt nicht mehr in den Gärten unterwegs sind. Man hätte den kompletten Aspekt der Zwerge weglassen können, ohne dass es viel verändert hätte.
Trotz dieses erneut sträflich vernachlässigten Potenzials, der Film ist streckenweise durchaus unterhaltsam. Es gibt rasante Verfolgungsjagden, den einen oder anderen absurden Einfall – großartig ist eine Begegnung westlicher und östlicher Dekofiguren – zudem auch diverse Anspielungen auf den Original-Detektiv von Arthur Conan Doyle. Die sind vielleicht nicht die originellsten und beschränken sich auch auf die üblichen Verdächtigen. Nett sind diese kleinen Einlagen aber trotzdem. Wer nicht mehr als „nett“ braucht, der kann dann insgesamt auch gern mal bei Sherlock Gnomes vorbeischauen. Denn auch wenn es natürlich schade ist, dass trotz der langen Produktionszeit, der tollen Sprecher und einer grundsätzlich witzigen Idee ein derart generisches Abenteuer draus wurde, eine Zeit lang lässt man sich das turbulente Treiben hier dann doch gefallen.
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