„Shock Wave“, China/Hongkong, 2017
Regie: Herman Yau; Drehbuch: Herman Yau, Erica Lee; Musik: Chun Hung Mak
Darsteller: Andy Lau, Wu Jiang, Jia Song
Im Leben von Cheung Choi-san (Andy Lau) gibt es nur die Pflicht an Staat und Mitbürgern. Und Bomben natürlich. Von denen entschärft er regelmäßig welche, ist ein gefragter Experte, wenn wieder jemand einen Anschlag geplant hat. Zuletzt häufen sich diese Fälle auch, Hongkong wird zur Zielscheibe mehrerer explosiver Attentate. Zufall? Eher nicht. Choi-san hat sogar eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wer hinter dieser Serie stecken könnte: Blast (Jiang Wu). Dessen Gang hatte der aufrechte Bombenexperte vor Jahren aus dem Verkehr gezogen. Doch ausgerechnet das Oberhaupt konnte seinerzeit entkommen und sinnt seither auf Rache. Dafür hat sich der Verbrecher etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Er droht damit, einen bedeutenden Unterwassertunnel in die Luft zu sprengen und nimmt dabei Hunderte von Menschen als Geisel.
Jahrelang köchelte Shock Wave vor sich hin. Zwischenzeitlich war nicht einmal klar, ob der Film überhaupt noch zustandekommt. Letztes Jahr war es dann aber doch so weit, nach diversen Umbesetzungen kam der Film um einen Bombenentschärfer in die chinesischen Kinos. Dort bzw. in Hongkong war dem Actionthriller auch ein passabler Erfolg beschienen, spielte insgesamt etwa das Dreifache des Budgets wieder ein – weshalb eine Fortsetzung auch schon in der Planungsphase ist. In Deutschland verzichtete man hingegen auf eine Kinoauswertung. Nach einem Auftritt beim Fantasy Filmfest wanderte der Streifen direkt in die DVD-Abteilung weiter.
Es kracht und kracht
Das ist einerseits verständlich, für große kommerzielle Erfolge sind Actionfilme made in Hongkong hierzulande nicht mehr wirklich bekannt, während der Home-Entertainment-Markt für derlei Filme nach wie vor empfänglich ist. Ein bisschen schade ist es aber schon, wenn Shock Wave nur im kleinsten Maße seh- und hörbar ist. Denn Regisseur und Co-Autor Herman Yau (The Second Coming – Die Wiederkehr) hat hier einen in mehrfacher Hinsicht bombastischen Film vorgelegt. Selbst wenn wir mal keine große Explosion sehen, auf Actionszenen muss man nicht lange warten. Zur Not wird eben nur scharf geschossen.
Das sieht dann auch alles sehr ansehnlich aus. Auf physische Kämpfe, wie wir sie früher in Hongkong-Actionfilmen haben sehen dürfen, müssen wir hier verzichten. Dafür gibt es viel Tempo, viele akustische Brachialangriffe und auch schöne Bilder der asiatischen Metropole. Der Aufwand war beachtlich, vor allem die Inszenierung der Tunnelkatastrophe ließ man sich einiges kosten. Dazu gibt es bei den Bombenszenen auch reichlich Nervenkitzel, der seinen Namen mal verdient und sich nicht auf den üblichen Hollywoodklischees ausruht.
Viel Action, wenig Charakterstärke
Dafür schwächelt Shock Wave an anderen Stellen. Dass die Geschichte überaus simpel ist, das schockiert weniger, gehört in diesem Bereich irgendwo dazu. Auch bei den Figuren muss man das eine oder andere Auge zudrücken. Choi-san ist ein derart glattgebügelter Strahleheld, dass man ihn kaum noch als Mensch aus Fleisch und Blut wahrnehmen kann. Sein Gegenspieler Blast wiederum ist ein Bösewicht ohne Ecken und Kanten. Und ohne jegliches Charisma. Am schlimmsten aber hat es Jia Song erwischt, die nicht viel mehr als ein Frauchen am Herd spielen darf, deren Schicksal grundsätzlich von Männern abhängig ist und die – so sagt der Film – wie jede Frau eine Liebeserklärung braucht, um komplett zu sein. Über derlei Plattheiten muss man hinwegsehen können, ebenso über den Pathos, mit dem unser Held zur Sache angeht. Glücklicherweise betrifft das jedoch nur relativ wenige Szenen. Wer diese meistert und rund zwei Stunden sein Gehirn entbehren mag, kann an dem schnörkellosen Thriller seinen Spaß haben.
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