„Zud“, Deutschland/Polen, 2016
Regie: Marta Minorowicz; Drehbuch: Marta Minorowicz
Darsteller: Budee Batsaikhan, Sukhbat Batsaikhan
Das Leben ist hart in der Mongolei, schon unter normalen Umstände. Und die Umstände sind schon länger nicht mehr normal bei dem 11-jährigen Sukhbat (Sukhbat Batsaikhan). Bislang hat seine Familie mehr schlecht denn recht von dem Vieh leben können. Doch in der letzten Zeit machen diesem die unbarmherzigen Winter zu schaffen. Was sie auch tun, eine Lösung ist nicht in Sicht, nach und nach sterben immer mehr Tiere. Eine Chance bleibt ihnen aber vielleicht noch: Wenn es Sukhbat gelingt, ein Wildpferd so einzureiten, damit sie gemeinsam ein Rennen gewinnen, dann könnte das Geld reichen, um die Familie zu retten.
Auf eines ist in der Mongolei doch immer Verlass: Wer dorthin reist, um einen Film zu drehen, der kehrt mit Bildern zurück, die nicht viel dafür tun müssen, um das Publikum zu fesseln. Das ist bei Zud auch nicht anders. Wenn wir Sukhbat zusehen, wie er mit den Tieren herumtollt oder einfach nur durch die Landschaft streift, wir die Familie beobachten, wie sie ihrer Arbeit nachgeht, dann braucht es keine große Geschichte, um gern dabei zu sein.
Authentisch, aber sehr distanziert
Das Problem ist nur: Die deutsch-polnische Coproduktion macht auch nicht wirklich viel mehr, als teilnahmslos die Kamera draufzuhalten. Regisseurin und Drehbuchautorin Marta Minorowicz, die zuvor mehrere Kurz-Dokumentarfilme gedreht, bewegt sich auch hier an der Grenze zwischen dem Fiktionalen und dem Dokumentarischen. Zud ist aufgrund der schnörkellosen Bilder aus dem Alltag des Niemandslandes auf der einen Seite nah dran. Gleichzeitig wird aber auch eine große Distanz bewahrt. Der Film bewegt sich nicht auf die Figuren zu, er bleibt ein Beobachter, ein Fremder.
Über die Figuren erfahren wir beispielsweise so gut wie nichts. Sukhbat ist etwas zu ungestüm und ungeduldig, wenn es um das Dressieren des Pferdes geht. Das war aber auch schon mehr oder weniger der einzige Hinweis, den wir auf seine Persönlichkeit bekommen. Die Geschichte von Zud erinnert dabei an vergleichbare Pferdefilme für Jugendliche, etwa Ostwind – Aufbruch nach Ora oder Rock my Heart, bei denen der junge Protagonist der einzige ist, der dank seiner Pferdenähe noch etwas retten kann. Und doch, vergleichbar ist es nicht.
Selbst die Hoffnung ist ohne Hoffnung
Der Beitrag von dem polnischen Filmfest filmPOLSKA 2018 ist düster und schwer. Wenn etwa Sukhbat das Pferd zähmen will, dann fehlt dem Ganzen das Romantisch-Verspielte der deutschen Kollegen, das Heldenhafte. Zud bleibt auch hier dreckig und unheilschwanger. Nie hat man hier wirklich das Gefühl, die Sache könnte gut ausgehen. Das ist auf der einen Seite beeindruckend, umso mehr, da der Film seinerzeit in der Jugendsparte der Berlinale lief. Ein vergleichbar wenig gefälliges und pessimistisches Werkt sieht man in dem Bereich nur selten.
Das allein reicht aber nicht, um die Geschichte auch wirklich spannend zu machen. Das Mitfiebern, das Daumendrücken, Elemente, die normalerweise bei einem derartigen Film fest eingeplant sind, man verspürt hier nur wenig Drang danach. Die emotionale Verbindung will sich nicht so recht einstellen, das Leid der Leute ist sichtbar und doch zu weit weg, das eigene Interesse nimmt mit der Zeit spürbar ab. Als dokumentarisches Nachspüren der Menschen in der Mongolei ist das nicht ohne Faszination, für einen Spielfilm wäre da aber doch noch etwas mehr nötig gewesen.
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