„Catching Feelings“, Südafrika, 2017
Regie: Kagiso Lediga; Drehbuch: Kagiso Lediga; Musik: Bokani Dyer
Darsteller: Kagiso Lediga, Pearl Thusi, Andrew Buckland
Nach seinem erfolgreichen Debütroman hat Max Matsane (Kagiso Lediga) irgendwie nichts mehr so wirklich auf die Reihe bekommen. Also arbeitet er nun als Englischlehrer, ermuntert wenigstens andere zum Schreiben. Viel Geld bringt das nicht, seiner Frau Sam (Pearl Thusi) ist das jedoch egal. Sie wäre auch mit einer kleineren Wohnung zufrieden. Hauptsache sie sind glücklich zusammen. Weniger glücklich ist aber, als Max’ Kollege Heiner Miller (Andrew Buckland) nach einem Herzinfarkt bei ihnen einzieht. Denn der ist ein Freidenker, der sich nicht um Normen und Regeln schert. Und damit vermutlich auch nicht um Beziehungen, wie dem zunehmend eifersüchtigen Max bewusst wird. Soll er seine Sam wirklich mit ihm allein lassen, während er beruflich unterwegs ist?
Der Titel von Catching Feelings deutet es schon an: Hier geht es um Gefühle. Allerdings nicht so, wie der eine oder andere vielleicht vermuten könnte. Eine klassische Liebeskomödie ist der Netflix-Film nicht, trotz der Liebesthematik, trotz der komischen Stellen auch. Erwartbar komisch, schließlich ist Kagiso Lediga, der Regie führte, das Drehbuch schrieb und gleich auch die Hauptrolle übernahm, daheim in Südafrika ein begehrter Komiker – sei es für Bühnenauftritte oder hinter den Kulissen bei Fernsehserien.
Die Neurosen der Großstädter
Aber es ist ein etwas anderer Humor als der, den wir sonst in diesem Bereich oft zu sehen bekommen. Ein wenig erinnert Lediga hier an die Werke von Woody Allen. Da wäre der vergeistigte, leicht neurotische Mann, der in Liebesdingen irgendwie nicht so richtig firm ist und eine Frau oberhalb seiner Liga geheiratet hat – wie ihm sein Umfeld gern mit auf den Weg gibt. Da wäre das intellektuell-bürgerliche Milieu, in dem man sich gern zu Kunst und Kultur austauscht, auch wenn man nicht wirklich viel Ahnung davon hat. Und dann wäre da natürlich die Großstadt, die hier so stark integriert wird, dass sie selbst zu einem Charakter wird.
Anders als der bekennende New-York-Fan Allen drehte Lediga aber in Johannesburg. Das bringt nicht nur andere Bilder und Orte mit sich, eine reizvolle Alternative zur amerikanischen Dauerbeschallung, auch die Randthemen sind hier andere. Gerade die Rassenfrage spielt hier immer mit rein, in Verweisen auf die Apartheid beispielsweise. Typisch ist die Szene, wenn schwarze Studenten ihrem weißen Kommilitonen vorwerfen, in seinem Text einfach fremde Kulturen unreflektiert zu klauen, während er sich darüber beschwert, als weiße Minderheit diskriminiert zu werden. Das ist alles nett verpackt, etwas schnippisch, doch die Wunden dahinter, die sind dann doch deutlich zu sehen. Die heitere Fassade verdeckt nur wenig die dramatischen Inhalte.
Die Menschen sind kompliziert, die Liebe ist es auch
Das eigentliche Thema ist aber natürlich die Beziehung zwischen Max und Sam. Ein Thema, das nichts mit Nationalität oder Hautfarbe zu tun hat. Auf Kalauer oder Schenkelklopfer verzichtet Lediga hierbei, ähnlich zu Allen entsteht die Komik eher beiläufig durch die Figuren. Ein bisschen schade ist es, wie sehr er Sam dabei vernachlässigt. Wir erfahren zwar, dass sie einen starken Willen hat, kein großes Haus braucht und sich mit dem Kinderkriegen Zeit lassen will. Das war es dann aber auch schon. Sehr viel mehr im Vordergrund stehen Max und Heiner, jeder mit eigenen Macken und Schrullen ausgestattet.
Warum Max so besessen davon ist, dass seine Frau mit Heiner ins Bett gehen könnte, das wird nicht ganz klar. Zumindest gibt es keine Anzeichen von Sams Seite, dass sie das auch nur in Erwägung ziehen würde. Im Grunde ist Catching Feelings dann auch eher ein Solotrip. Das Porträt eines Mannes, der gern viel mehr wäre, als er ist. Der ein großes Haus will, Schwierigkeiten mit dem kommerziellen Erfolg seines kleinen Künstlerbruders hat, mehr Bitterkeit in seinem Herzen trägt, als er zugeben möchte. Man muss ihn nicht sympathisch finden in seiner Missgunst und dem Misstrauen. Aber er ist gerade aufgrund seiner Mängel und seines wenig heldenhaften Verhaltens ein doch deutlich spannenderer Protagonist als das RomCom-Einerlei, zeigt die Liebesprobleme abseits der Hochglanzposter.
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