„Episōdo „One“ Chīsakunatta Meitante“, Japan, 2016
Regie: Yasuichirô Yamamoto; Drehbuch: Yasuichirô Yamamoto, Hiroshi Kashiwabara
Der 17-jährige Shinichi Kudo ist ein brillanter Hobbydetektiv, der sich für jede Form von Kriminalfall begeistern kann. Etwas zu brillant vielleicht, wenn es nach Ran Môri geht. Die würde nämlich gern etwas mehr Zeit mit ihm verbringen. Aber wohin sie auch mit ihm geht, ständig redet er von seinem großen Vorbild Sherlock Holmes und wird unentwegt in irgendwelche Verbrechen hineingezogen. Während die Polizei nur zu gern seine Hilfe beim Lösen dieser Fälle annimmt, hält sich bei Ran die Begeisterung sehr in Grenzen. Denn selbst wenn sie es mal schafft, ihn zu einem gemeinsamen Ausflug zu überreden, passiert etwas, das ihre Pläne komplett durcheinanderbringt.
Darben müssen die Fans von Detektiv Conan nicht unbedingt. Seit seinem Debüt in Gosho Aoyamas Mangareihe im Jahr 1994 ist er schwer beschäftigt: 94 Bände umfasst diese Reihe inzwischen, die zwei Jahre später gestartete Animeserie feierte kürzlich die 900. Folge. Vor allem aber im Kino ist der große Detektiv ein echter Star. Jedes Jahr kommt ein neuer Film heraus, einer erfolgreicher als der andere. Das gilt auch für den 22. Teil, der vor einigen Wochen in Japan gestartet ist und dort schon jetzt mehr als doppelt so viel eingespielt hat wie der Marvel-Eventstreifen Avengers: Infinity War.
Nochmal von vorne …
Aber wie kommt es eigentlich, dass ein kleiner Knirps als geheimer Detektiv unterwegs ist? Die Gründe dafür wurden zu Beginn von Manga und Anime erzählt, auch die Filme geben zum Einstieg immer eine kurze Erklärung. Wer es aber noch genauer wissen will, der kann sich Episode One ansehen. Wie der Titel schon verrät, handelt es sich hierbei um eine Neuerzählung der allerersten Folge, ergänzt um Teile der zweiten Folge und auf Spielfilmlänge ausgebaut. In Japan war dieses Serienspecial zum 20. Jubiläum im Fernsehen zu sehen, deutsche Anhänger dürfen es sogar auf der großen Leinwand begutachten – im Rahmen der monatlichen Kazé Anime Nights.
Ein wenig überflüssig ist das Special dadurch natürlich schon, Veteranen werden das alles schon kennen. Und auch wenn Neueinsteiger, die vielleicht nur die Kinofilme sehen wollen, so mehr über die Hintergründe erfahren, werden doch mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Denn die schwarzen Männer, die hinter allem stecken, sind letztendlich nur im Manga bzw. der Serie relevant, nicht in den völlig unabhängigen Kinoauftritten. Wer also mehr über Conans Jagd auf die Verbrecherorganisation wissen will, der braucht dann eben doch die nicht enden wollende Langfassung.
Unterwegs mit lustigen Bekannten
Die Sinnhaftigkeit dieses Animefilms einmal außen vor gelassen, Spaß macht er zweifelsfrei. Detektiv Conan war immer nur zum Teil Krimireihe. Einen ebenso großen Anteil am Erfolg hatten von Anfang an die von Aoyama entworfenen Figuren. Episode One ist in der Hinsicht sogar noch ergiebiger als die großen Filme: Während Conan dort oft auf den brillanten Kopf reduziert wird, der auf nicht immer nachvollziehbare Weise seine Fälle löst, steht er hier stärker als Mensch im Vordergrund. Genauer ist es seine Beziehung von Ran, die hier ausführlich thematisiert wird und die unter seinem Krimifimmel zu leiden hat. So schlau er ist bei den Ermittlungen, so blind ist er für sein Umfeld. Sein mangelndes Einfühlungsvermögen und seine übertriebene Liebe zu Holmes-Schöpfer Arthur Conan Doyle – daher der Name der Figur – sind gleichermaßen nervig wie liebenswert.
Als reiner Krimi ist Episode One jedoch erneut nur zweite Wahl. Zwei Fälle wurden in den 90 Minuten dauernden Film eingebaut. Die werden jedoch sehr überhastet abgewickelt, sind nicht mehr als Mittel zum Zweck, um die Figur von Conan zu etablieren. Der zweite ist zudem dermaßen übertrieben, dass der Anime auf eine unpassende Weise komisch ist – im Gegensatz zu den bewusst humorvollen Szenen, welche die Reihe ausmachen. Da auch die Optik des Dauerstudios Tokyo Movie Shinsha (Chie the Brat, Lupin III – Das Schloss von Cagliostro) ihre TV-Wurzeln nicht verbergen kann, ist das hier nicht ganz das erhoffte Highlight. Ein bisschen muss man seine Erwartungen also schon zurückschrauben bzw. in Episode One nicht mehr als das sehen wollen, was es ist: ein Special für Fans. Als solches ist es jedoch ganz unterhaltsam. Und wer bislang noch gar keine Erfahrungen mit Conan gesammelt hat, der bekommt hier auf jeden Fall einen passenden Einblick, was das Franchise so bereit hält.
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