„Le Brio“, Frankreich, 2017
Regie: Yvan Attal; Drehbuch: Yaël Langmann, Victor Saint Macary, Bryan Marciano, Yvan Attal; Musik: Michael Brook
Darsteller: Daniel Auteuil, Camélia Jordana, Yasin Houicha
Das fängt ja toll an. Neïla Salah (Camélia Jordana) hatte sich eigentlich schon darauf gefreut, an der renommierten Pariser Assas Law School ihr Jurastudium zu beginnen. Doch schon am ersten Tag kommt sie zu spät und wird in der Vorlesung von Professor Pierre Mazard (Daniel Auteuil) vor versammeltem Hörsaal auseinandergenommen. Dessen rassistische Ausfälle sind der Unileitung aber schon länger ein Dorn im Auge. Und so wird der Dozent vor die Wahl gestellt: Entweder zeigt er guten Willen und bereitet die junge Studentin auf einen Debattierwettbewerb vor. Oder er darf seine Sachen packen. Die Begeisterung hält sich auf beiden Seiten zunächst in Grenzen. Doch je mehr Zeit sie miteinander verbringen, umso mehr müssen die jeweiligen Qualitäten des anderen anerkennen.
Ein bisschen auffällig ist das schon, diese französische Vorliebe für grimmige, alte Männer, die ganz gerne ihrer Bitterkeit in Form gemeiner Sprüche Ausdruck verleihen, am Ende aber ihr weiches Herz entdecken – meist weil eine junge Frau im Spiel ist. In Monsieur Pierre geht online war es so oder auch bei Frühstück bei Monsieur Henri. Die brillante Mademoiselle Neïla erinnert dann über längere Strecken an die Kollegen, vermischt das Ganze aber noch mit politisch herrlich unkorrekten Angriffen, die dem Superhit Monsieur Claude und seine Töchter entnommen sein könnten.
Auch Rassismus kann Spaß machen
Das ist als Konstellation nicht allzu außergewöhnlich, funktioniert aber ganz gut. Es macht einfach Spaß, dem Schauspielveteran Daniel Auteuil (Der Fall Kalinka – Im Namen meiner Tochter) dabei zuzusehen, wie er genüsslich andere Menschen demontiert, unverhohlen rassistisch auftritt, nur um sich dann hinter seiner Eloquenz zu verstecken. Später darf ihm Camélia Jordana, die bislang eher als Sängerin denn als Schauspielerin von sich reden machte, zwar ordentlich Paroli geben. Aber das Gegenfeuer ist eher etwas plump, stärker von Gewalt und Emotionalität geprägt als von Wortkunst.
Die brillante Mademoiselle Neïla enttäuscht in dieser Hinsicht dann leider auch ziemlich. Ein Film, der von Debattierwettbewerben handelt, von der Kunst der Argumentation, von dem sollte man eigentlich erwarten können, dass der Aspekt auch wirklich integriert wird. Aber weit gefehlt. Das Drehbuchkonglomerat aus immerhin vier Männern brachte es nicht fertig, der sich langsam entwickelnden Diskussionsfertigkeit der jungen Protagonistin ein bisschen Platz einzuräumen. Der nationale Wettbewerb dient nur als Aufmacher, die Auftritte sind kurz und auf wenig aussagekräftige Plädoyers heruntergebrochen.
Wettbewerb um die Publikumsherzen
Stattdessen zeigt sich der Film zunehmend von seiner sentimentalen Seite. Natürlich ist Pierre nicht der arrogante, rassistische Stinkstiefel als der er auftritt, sondern kann auch ein echt netter Mensch sein. Ebenso lernt Neïla hinzu, nicht nur an der Uni, sondern auch im wahren Leben. Zu diesem Zweck wurde noch die dritte Figur Mounir (Yasin Houicha) eingeführt, ein Freund aus Kindertagen, der eigentlich mehr ist für sie. Nur ist sie zu blind, um das zu erkennen. So wie sie zu blind ist, sich selbst zu erkennen.
Diese Mischung aus Humor und moralischer Wohlfühl-Besinnlichkeit ist sicher nett und funktional, wurde in zahlreichen anderen Filmen ja schon zur Genüge ausprobiert. Und so war Die brillante Mademoiselle Neïla in Frankreich dann auch ein beachtlicher Erfolg, mehr als eine Million Zuschauer lockte die Tragikomödie in die Kinos. Aber sie ist eben auch berechnend und ein bisschen Verschwendung, da sie so wenig aus ihrem Szenario macht, diverse Figuren nie ausformuliert werden und die so unterhaltsamen Auftritte von Auteuil des Gemeinwohls wegen frühzeitig gezähmt werden. Immerhin: Die Szenen von Neïla und ihrer Clique sind erfrischend, die mit Mounir sogar süß. Für einen netten Abend reicht das, für die im deutschen Titel versprochene Brillanz jedoch nicht.
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