„Ibiza“, USA, 2018
Regie: Alex Richanbach; Drehbuch: Lauryn Kahn; Musik: Jeff Morrow
Darsteller: Gillian Jacobs, Vanessa Bayer, Phoebe Robinson, Richard Madden, Michaela Watkins
Für Harper (Gillian Jacobs) ist es die große Chance, endlich einmal in ihrem Leben voranzukommen. Jahrelang wurde sie bei ihrer Arbeit ignoriert, nun soll sie in Barcelona einen wichtigen Geschäftsabschluss einfädeln. So weit so gut. Nur hat sie die Rechnung dabei ohne ihre Freundinnen Nikki (Vanessa Bayer) und Leah (Phoebe Robinson) gemacht, die darauf bestehen mitzukommen und dort kräftig zu feiern. Die eigentliche Schwierigkeit ist jedoch, als Harper bei einem Clubbesuch den charmanten DJ Leo (Richard Madden) kennenlernt und sich Hals über Kopf in ihn verliebt.
Schlechte Publicity ist besser als keine Publicity, heißt es manchmal. Da könnte durchaus etwas dran sein. Siehe Ibiza. Auf der spanischen Insel war man alles andere als amüsiert angesichts des neuen Netflix-Films, da er doch einige üble Vorurteile propagieren soll. Das Image Ibizas ist zwar nicht ganz so verheerend wie das der Leidgenossen auf Mallorca. Aber auch reagiert man empfindlich darauf, auf eine Partymeile reduziert zu werden, während man selbst doch selbst viel mehr zu bieten hat. Entsprechend laut war der Protest darüber, dass der amerikanische Streaminggigant eine Komödie herausbringt, in der es letztendlich nur um Feiern, Sex und Alkohol geht. Und verschaffte damit einem Film Aufmerksamkeit, über den sonst wohl kaum einer reden würde.
Die ist doch bescheuert …
Dabei fängt Ibiza sogar noch vergleichsweise lustig an. Wenn Harper zu Beginn des Films den Auftrag für die Geschäftsreise erhält, dann lebt die Szene von Michaela Watkins (Die Abenteuer von Brigsby Bär), die hier die Chefin Sarah spielt. Gleichermaßen widerwärtig, laut und völlig neurotisch ist Sarah die mit Abstand auffälligste Figur in einem Film, der so gar keine Persönlichkeit hat. Und die mit Abstand witzigste. Aber auch die Szene, wenn Harper von ihren beiden Freundinnen überredet wird, dass sie doch einfach mitkommen könnten, ist zumindest für ein kleines Schmunzeln gut.
Die Probleme fangen an, wenn der eigentliche Film beginnt und die drei Grazien Spanien unsicher machen. Mit ein wenig Drogenkonsum geht es los, danach werden die verschiedenen Brustformen der Frauen am Strand kommentiert, anschließend hemmungslos und sehr anzüglich mit Männern geflirtet. Eine typische Komödie, die sich auf derben Humor verlässt bzw. darauf, dass das amerikanische Zielpublikum schon bei der Andeutung von Sex hochrote Ohren bekommt. Oder andere Körperteile. Das ist nicht sonderlich einfallsreich. Vor allem ist es nicht witzig, verlässt sich mehr auf die leichte Provokation als auf tatsächliche Gags.
Eine Komödie, die nicht komisch sein weill
Wirklich kurios ist jedoch, dass Ibiza selbst das bisschen wieder in die Tonne wirft. Stattdessen wandelt sich die Komödie plötzlich in einen reinen Liebesfilm, der von Harpers Versuchen handelt, Leo wiederzusehen. Und das ist gleich doppelt überraschend. Zum einen weil der Film die kläglichen Humorbabyschritte aufgibt, noch bevor sie irgendwo hin führen. Aber auch weil die gemeinsamen Szenen der beiden richtig charmant sind, besonders wegen ihrer jeweiligen Unbeholfenheit. Leo mag berühmt und steinreich sein, weiß aber nicht, wie er mit einem lebenden Menschen umgehen soll. Bei Harper sieht es nicht besser aus: Sie ist so verstockt und unsicher, dass die Frage im Raum steht, wie sie überhaupt eine Karriere bislang haben konnte.
Hätte Ibiza sich mehr darum bemüht, die Geschichte der beiden hätte sicherlich eine schöne Romanze werden können über zwei, die sich gefunden haben. So bleibt aber ein Film, der eigentlich keine richtige Geschichte hat. Der kaum nennenswerten Figuren hat. Der nicht einmal tatsächliche Witze hat. Selbst so offensichtliche Stärken wie die schöne Natur Ibizas oder das Clubleben – wenn man die Insel schon darauf beschränken will – bekommen nicht den Platz, den sie verdienen. Der Film geht weiter, dauert die obligatorischen anderthalb Stunden, ohne jemals einen Grund zu liefern, wofür er diese denn nun braucht. Eine absolute Katastrophe ist die Liebeskomödie sicher nicht, dafür sind einige Bestandteile zu gut. Sie ist nur völlig leer, schafft es auf eine verblüffende Weise, Szene an Szene zu bauen, daraus jedoch niemals einen wirklichen Film zu machen.
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