Ingrid Goes West
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Ingrid Goes West

„Ingrid Goes West“, USA, 2017
Regie: Matt Spicer; Drehbuch: Matt Spicer, David Branson Smith; Musik: Jonathan Sadoff, Nick Thorburn
Darsteller: Aubrey Plaza, Elizabeth Olsen, Wyatt Russell, Billy Magnussen, O’Shea Jackson Jr.

Ingrid Goes West
„Ingrid Goes West“ ist seit 20. April 2018 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Ingrid (Aubrey Plaza) möchte eigentlich nur eins: endlich mal echte Freunde haben. Und eine solche könnte doch Taylor Sloane (Elizabeth Olsen) sein. Die hat als Instagram-Idol wahnsinnig viele Freunde. Und sie hat auch so nett auf Ingrids Post reagiert! Also tut Ingrid, was man in dem Fall tun muss: Sie schnappt sich das Erbe ihrer kürzlich verstorbenen Mutter, mietet sich ein Haus in der Nachbarschaft ihrer zukünftigen Freundin und tut alles dafür, um ganz zufällig die Aufmerksamkeit von ihr und ihrem Mann Ezra (Wyatt Russell) zu erwecken. Das klappt sogar, sehr viel besser, als sie es sich je hätte erträumen können. Doch dann droht die frische Freundschaft ihr vorschnelles Ende zu finden.

Es war noch nie so einfach wie heute, Menschen auf aller Welt kennenzulernen. Gleichzeitig war es aber auch noch nie so schwierig, Freundschaften zu schließen. Zumindest Freundschaften, so wie sie früher einmal definiert wurden. Dieser Widerspruch einer vernetzten und zugleich isolierten Welt ist das Spannungsfeld, welches Regisseur und Co-Autor Matt Spicer für sein Spielfilmdebüt Ingrid Goes West ausgesucht hat. Eine Welt, die sich durch Likes, Hashtags und schöne Bilder definiert, in der aber kein Platz mehr ist für reale Menschen.

Zwischen Witz und Wahnsinn
Ein solcher Film kann schnell demagogisch werden und mit einem erhobenen Zeigefinger wedeln, wenn Kritiker sich zu Wort melden, die von Anfang an nur Verachtung für das Thema übrighaben. Glücklicherweise kann sich Spicer dabei aber auf seine tolle Besetzung verlassen, allen voran Aubrey Plaza, die auch als Produzentin mitwirkte. Dass die Amerikanerin den Gradwandel zwischen Komik und Wahnsinn wie kaum eine andere beherrscht, das hat sie zuletzt in den Filmen ihres Partners Jeff Baena (Life after Beth, The Little Hours) bewiesen. Und auch hier weiß man nie so genau, ob man die junge Frau nun gerade auslachen oder sich vor ihr fürchten soll.

Die Besessenheit, mit der die labile Ingrid ihrem Idol näherkommen will, gepaart mit einer Unverfrorenheit, ist aber nur die eine Seite des Films. Gleichzeitig lässt Spicer keinen Zweifel daran, dass seine Protagonistin eine im Grunde tragische Gestalt ist. Sie ist nicht dumm, nicht hässlich, nicht langweilig. Eigentlich müsste sie diejenige sein, um deren Freundschaft gekämpft wird. Nur ist sie nicht in der Lage, das zu erkennen, rennt lieber weiterhin blind den Sonnenuntergängen hinterher, ohne dabei zu erkennen, was sie direkt um sich hat, um sich haben könnte.

Die alltägliche Sehnsucht nach Nähe und Anerkennung
Anders als die anderen Figuren, die oft nur übertriebene, wenn auch sehr schöne und unterhaltsame Klischees sind, ist Ingrid jemand, mit dem man sich leicht identifizieren kann. Die meisten dürften irgendwann einmal in der Situation gewesen sein, sich nach der Nähe von anderen Menschen gesehnt zu haben – sei es auf einer romantischen Ebene oder im Rahmen einer Freundschaft. Wie groß dann auch die Verlockung ist, solche Verbindungen erzwingen zu wollen, selbst wenn einem bewusst ist, wie unsinnig das ist. Eine der besten Szenen zeigt, wie Ingrid mehrere Anläufe startet, um ihrem Idol eine Nachricht zu schicken, immer wieder den Satz, der so beiläufig und spontan klingen soll, umschreibt und neu formuliert.

Zwischenzeitlich bewegt sich der Film etwas zu weit weg von dieser Natürlichkeit, wird in seinen Situationen so übertrieben, dass die zugrundeliegende Nachricht im Chaos verlorengeht. Das macht dann ebenfalls noch Spaß, auch dank O’Shea Jackson Jr. (Criminal Squad) als Möchtegerndrehbuschreiber von nebenan und Billy Magnussen (Game Night), der Taylors Bruder mit dunklen Seiten spielt – so wie sie hier alle in ihrem Inneren jemand anders sind, als die nach außen vorgeben zu sein. Ingrid Goes West weiß an den Stellen aber selbst nicht mehr so recht wohin, bietet weder emotionale Anknüpfmöglichkeiten noch satirische Spitzen, droht zu einer bloß albernen Komödie zu werden. Dafür entschädigt aber das Finale, das in seiner Ambivalenz noch einmal die Tragikomik zuspitzt und die Absurdität des Themas unterstreicht.



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Wer will meine Freundin sein? „Ingrid Goes West“ erzählt die Geschichte einer labilen, jungen Frau, die in ihrer Besessenheit auf Anerkennung keine Grenzen mehr kennt. Zwischenzeitlich weiß der Film nicht so recht, wohin er will. Insgesamt überzeugt er jedoch, ist auf eine wahnsinnige Weise komisch und dabei zutiefst tragisch und allein schon wegen einer erneut brillierenden Aubrey Plaza ein echter Geheimtipp.
7
von 10