„Kinders“, Österreich, 2016
Regie: Arash T. Riahi, Arman T. Riahi
Kindermund tut Wahrheit kund. Ob das jetzt unbedingt so zutrifft, darüber ließe sich im Einzelfall streiten. Ariunaa würde man zumindest nicht widersprechen wollen. Das liegt natürlich auch an dem Inhalt, wenn sie gegen die Erwachsenen wettert, die so dumm sind, dass sie noch einen Dritten Weltkrieg anfangen werden. Es liegt aber auch an der Lautstärke. Wie sie so dasteht auf der Wiese, laut schreit, über alles und jeden herzieht, inklusive ihrer Schwester, da zuckt man im Kinosessel doch ein klein wenig zusammen. Lieber nichts erwidern und hoffen, dass einen diese kleine Urgewalt nicht entdeckt.
Auch sonst handelt Kinders davon, dass Kinder ihre Stimme entdecken und sich auszudrücken lernen. Normalerweise geschieht dies jedoch mit etwas weniger Lautstärke und Hassausdrücken, dafür mit etwas mehr Melodie. Genauer berichten die Brüder Arash und Arman T. Riahi über einen speziellen Musikförderunterricht, der Kindern und Jugendlichen ermöglichen soll, Selbstvertrauen aufzubauen und sich in einer Gruppe wiederzufinden.
Auf der Suche nach der eigenen Stimme
Eine der das zunächst noch schwerfällt, ist Zarina. Dass die eine schöne Stimme hat, das ahnt der Lehrer zwar sofort. Sie traut sich nur nicht so recht, diese auch einzusetzen. Im Laufe der Zeit jedoch – Kinders begleitet die jungen Protagonisten mehrere Monate lang – fasst sie sich aber ein Herz, wird selbstbewusster, sogar zur Klassensprecherin gewählt. So wie bei ihr hat die Teilnahme an dem Programm für alle positive Auswirkungen. Dass sie besser singen können, ist schön, angesichts der individuellen, persönlichen Situationen aber fast schon Nebensache.
Wichtiger ist, dass die Kinder, die größtenteils aus Migrantenfamilien kommen, auf diese Weise Zusammenhalt finden und Integration lernen. Die Brüder Riahi zeigen damit nach ihrem Spielfilm Die Migrantigen und der Doku Everyday Rebellion erneut ihr Interesse an sozialen Themen. Der Unterschied ist, dass dies hier mit viel Wohlfühlszenen einhergeht. Die Hindernisse, denen die Kinder begegnen, werden überwunden, Rückschläge und Selbstzweifel sind dafür da, dass man an ihnen wächst.
Hier sind die Kleinen die Großen
„Show, don’t tell“, lautet dabei die Devise. Was schnell zu einer Werbeveranstaltung hätte werden können, in dem die Veranstalter sich kollektiv auf die Schulter klopfen, verzichtet auf jegliche Kommentare oder Wertungen. Erwachsene haben hier meistens Sendepause, melden sich nur in wenigen Momenten im Umgang mit den Schülern zu Wort. Es braucht sie aber auch nicht. Mit dem Nachwuchs zusammen die etwas andere Schulbank zu drücken, das bedeutet Unterhaltung und Nachdenklichkeit, die Welt noch einmal durch andere Augen zu sehen und zu lernen.
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