„Maria by Callas“, Frankreich, 2017
Regie: Tom Volf; Musik: Laurent Macé
Dass ganz gern mal über Frauen bestimmt wird, ohne dass sie ein Mitspracherecht haben, das zeigt sich in vielen Bereichen – von der ungleichen Bezahlung bis zu den schockierenden Geschichten der #MeToo-Bewegung. Es zeigt sich aber auch darin, wie über sie gesprochen wird. 3 Tage in Quiberon nahm uns kürzlich mit zurück ins Jahr 1981, wo Romy Schneider ein berühmtes Interview gab. Mit diesem wollte die Frau, die von den Journalisten zu oft auf ihre Skandale und Liebschaften reduziert wurde, endlich einmal selbst reden. Über sich, ihre Arbeit, ihre Kunst. Das letzte Wort haben.
Maria Callas war zwar in einem anderen Bereich der Kultur unterwegs, die Erfahrungen der Opernsängerin sind denen der Schauspielerin jedoch ziemlich ähnlich. Dass sie eine große Künstlerin war, das bestritt niemand – nicht zu ihrer Hochphase in den 1940ern/1950ern, nicht später, als ihr Stern bereits am Sinken war. Nur wollte niemand mit ihr darüber reden. Eine Szene von Maria by Callas zeigt, wie sie von Journalisten am Flughafen bedrängt wird, ein jeder will mehr über ihr Liebesleben wissen. Die Frau, die die Bühnen beherrschte, außerhalb derer wurde sie nicht gehört.
Die Diva ergreift das Wort
Regisseur Tom Volf versucht, der 1977 gestorbenen Sängerin nun Gehör zu verschaffen. Das ist naturgemäß schwierig, 40 Jahre nach dem Tod. Anstatt auf die übliche Methode bei solchen Dokumentationen zurückzugreifen und Experten sowie nahestehende Personen zu interviewen, bastelte er aus damaligen Interviews und Aufnahmen der Diva einen Film, der chronologisch ihr Leben begleitet.
Das klappt erstaunlich gut. Ob es nun ihr familiärer Hintergrund ist, der Aufstieg zum Star oder die diversen privaten wie beruflichen Rückschläge später, Volf fand zu all dem Material, das er zusammenschnippelte und das sich so nach und nach zu einem faszinierenden Porträt zusammensetzt. In Callas schlugen zwei Herzen, darauf lassen ihre Aussagen schließen. Auf der einen Seite die starke, selbstbewusste Frau, die sich von niemandem etwas vorschreiben lassen will und ihre künstlerischen Vorstellungen durchzusetzen versucht. Auf der anderen Seite die Frau, die einem sehr konservativen Rollenverständnis anhing: Eine Frau ist nur dann eine Frau, wenn sie Mann und Kind hat.
Es fehlt die Auseinandersetzung
Dass diese Widersprüche im Raum stehen, auch andere Passagen nicht hinterfragt werden, liegt in der Natur des Projekts. Und in dessen Limitierungen. Indem Callas selbst in den Aufnahmen über sich bestimmt, bekommen wir zwar eine andere Seite der Künstlerin zu sehen. So einseitig aber ein lediglich von außen angefertigtes Bild wirkt, so einseitig ist auch eines, das man von sich selbst malt. Es fehlt ein Gegengewicht, vielleicht gar ein Korrektiv, um dem Selbstporträt einen Kontext zu geben, sich nicht ganz so sehr an ihre Sicht der Dinge auszuliefern.
Das zweite Problem der Dokumentation ist, dass das auf den ersten Blick so beeindruckende Material offensichtlich doch etwas dünner ist als erhofft. Und so werden die Gespräche immer wieder von Auftritten der Sängerin unterbrochen. Das ist in dem Bereich natürlich nichts Ungewöhnliches, die Kombination von Interviews und künstlerischen Darbietungen sogar die Regel. Letztere sind hier aber doch sehr lang, so lang, dass man sich über kurz oder lang fragt: Haben die nicht mehr zu sagen? Anhänger der Künstlerin wird das vermutlich freuen, können sie sich so doch noch einmal von der Klasse ihrer Stimme überzeugen. Wer jedoch mehr über den Menschen hinter dieser Stimme erfahren wollte, der wird bei Maria by Callas nur zum Teil glücklich.
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