„Meari to Majo no Hana“, Japan, 2017
Regie: Hiromasa Yonebayashi; Drehbuch: Riko Sakaguchi, Hiromasa Yonebayashi
Vorlage: Mary Stewart; Musik: Takatsugu Muramatsu
Es ist doch wirklich zum Verzweifeln. Egal was Mary Smith anfasst, es geht schief. Nicht einmal Blumen binden kann sie! Vor allem aber hasst sie ihre roten Haare, die ihr das Gefühl geben, anders zu sein als alle anderen – zumal sie der doofe Peter deswegen auch noch aufzieht. All das soll sich ändern, als sie eines Tages im Wald eine seltsame Blume und einen Besen entdeckt. Mit diesem reist sie urplötzlich zu einer fernen Universität, in der die Hexen von morgen ausgebildet werden. Zumindest dafür scheint Mary Talent zu haben, sie beweist in mehreren Situationen eine große magische Macht. Doch das eigentliche Abenteuer beginnt erst noch, denn die Leiterin und Doktor Dee verfolgen heimlich unheimliche Ziele, in die auch Mary unwissentlich hineingezogen wird.
Auch wenn es natürlich schmerzt, kaum einer glaubt wohl mehr daran, dass das legendäre Studio Ghibli eine Zukunft hat. Zwar arbeitet der mehrfach aus dem Ruhestand zurückgekehrte Hayao Miyazaki nun doch wieder an einem Film. Aber es fehlt der Nachwuchs, umso mehr seit dem traurigen Tod des Mitbegründers Isao Takahata. Alle Hoffnungen liegen nun auf Hiromasa Yonebayashi, der für Ghibli immerhin Arrietty – Die wundersame Welt der Borger sowie Erinnerungen an Marnie inszeniert hat. Und sie liegen auf dem Studio Ponoc, welches der frühere Ghibli-Produzent Yoshiaki Nishimura 2015 gegründet hat und nun das Zuhause weiterer Künstler aus dem Kreis der Animealtmeister ist.
Ein Land voller Magie und alter Bekannter
Tatsächlich erinnert Mary und die Blume der Hexen dann auch frappierend an diverse Meisterwerke von Studio Ghibli. Die Hauptfigur ist eine kleine Hexe, die von einer schwarzen Katze begleitet wird (Kikis kleiner Lieferservice) und in eine magische Welt voller seltsamer Kreaturen stolpert (Chihiros Reise ins Zauberland). Das Thema Coming of Age, also die Schwierigkeiten eines jungen Menschen, einen Platz für sich zu finden, das war ohnehin ein Dauerbrenner bei den Japanern – etwa Stimme des Herzens – Whisper of the Heart und Der Mohnblumenberg. Selbst die Figuren sehen so aus, als wären sie einem bislang unbekannten Werk der Veteranen entnommen.
Fans werden sich in dieser Fantasywelt also mehr als zu Hause fühlen, so als wären sie nie weg gewesen. Aber ist der Film auch so gut wie die berühmten Quasi-Vorgänger? Ja und nein. Die Geschichte, die auf einem Kinderbuch der englischen Autorin Mary Stewart basiert, ist so ungewöhnlich nicht. So groß die Überraschung für Mary ist, als sie das erste Mal die Hexen-Akademie betritt, als Zuschauer bleiben einem größere Überraschungen verwehrt. Mary und die Blume der Hexen folgt den üblichen Pfaden eines solchen Abenteuers, kündigt auch immer rechtzeitig genug an, was als nächstes passieren wird.
Das ging jetzt ein bisschen schnell …
Zudem ist es ein bisschen schade, dass Mary als Charakter nicht so wirklich spannend ist. Ihre Probleme, einen Platz in der Welt zu finden, die sind natürlich sehr universell und dürfte gerade auch bei einem jüngeren Publikum auf offene Ohren stoßen. Dass sie die ungewohnte Aufmerksamkeit an der Universität so genießt – für ihr großes Talent wie auch ihre Haare –, das sei ihr auch vergönnt. Ihre Bereitschaft, alles für andere zu riskieren, die kommt in dem Abenteuer aber sehr plötzlich, ist weder durch ihr Verhalten zuvor noch ihre Beziehung zu den anderen zu erklären. Sie macht eben das, was von einer Figur in einer solchen Position erwartet wird, egal ob das nun zu ihr passt oder nicht.
Aber es ist ja noch kein Meister vom Himmel gefallen, als Einstandswerk ist Mary und die Blume der Hexen auf jeden Fall sehr vielversprechend. Visuell ist Studio Ponoc schon einmal auf einem guten Weg. Selbst wenn die Animationen noch nicht ganz auf dem Niveau von Ghibli sind, die schönen Hintergründe und die wundersamen Wesen, denen wir in der Magiewelt begegnen dürfen, die wären es schon allein wert, sich den Anime einmal anzusehen. Glücklicherweise steht im September die Möglichkeit an, dies auch noch auf der großen Leinwand zu tun, wenn der charmante Animationsfilm in die Kinos kommt. Wer nicht ganz so lange warten möchte, der hat zuvor zwei andere Gelegenheiten auf Filmfestivals: Sowohl Nippon Connection Ende Mai in Frankfurt am Main sowie das Filmfest München Ende Juni werden das zauberhafte Abenteuer vorab zeigen.
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