„Namrud (Troublemaker)“, Österreich, 2017
Regie: Fernando Romero Forsthuber; Musik: Jowan Safadi
Zum 70. Mal jährt sich die Tage die Gründung des Staates Israel. Dass das nicht für jeden ein Grund zum Feiern ist, ist hinlänglich bekannt. Der letztendlich erfolgreiche Vorstoß, die USA zur einseitigen Auflösung des Iran-Abkommens zu überreden, hat die Zahl der Freunde nicht unbedingt erhöht. Ein unermüdlicher Kritiker ist Jowan Safadi, den hierzulande kaum einer kennen dürfte, der im Nahen Osten aber durchaus berühmt ist. Oder vielleicht auch berüchtigt. Denn wenn der israelisch-palästinensische Musiker zur Gitarre greift, dann lassen die Reaktionen nicht lange auf sich warten.
Ein Kampf auf beiden Seiten
Das Besondere an dem Künstler ist jedoch, dass er sich nicht für eine von beiden Seiten vereinnahmen lassen will. Mit seiner Kritik an der Unterdrückung der arabischen Bevölkerung Israels hält er nicht hinter dem Berg, weshalb er von der Polizei wegen Anstiftung zum Terrorismus angeklagt wurde. Gleichzeitig kennt er aber auch keine Zurückhaltung beim Umgang mit Anhängern des Islams. Das Ergebnis: eine Verhaftung in Jordanien und entsetzte Reaktionen anderer Gäste einer Fernsehsendung, in der er auftrat.
Namrud (Troublemaker) erzählt von beidem, von den Schwierigkeiten mit dem israelischen Staat, von den Anfeindungen von Muslimen. Ein neueres Beispiel ist das Lied To Be an Arab, in dem er jüdische Araber angreift, die sich beim Streit zwischen Israel und Palästina einseitig auf die der Israelis stellen. In dem auf Hebräisch gesungenen Lied fordert er sie auf, sich an ihre eigenen Wurzeln zu erinnern – was ihm jede Menge böser Internetkommentare einbrachte.
Der Mensch hinter der Kontroverse
Regisseur Fernando Romero Forsthuber beschränkt sich aber nicht allein darauf, die Kontroversen herauszuarbeiten, sondern ist ebenso sehr an dem Menschen dahinter interessiert. Wer ist Safadi eigentlich? Was treibt ihn an? Wie sieht sein Privatleben aus? Vor allem seine Familie kommt dabei oft zu Wort. Direkte Interviews mit ihnen finden zwar nicht statt. Dafür gibt es alltägliche Szenen, die ein anderes Bild des Künstlers zeigen. Die Diskussionen mit dem Sohn, der nicht so recht weiß, was er mit seinem Leben anfangen will. Der eigene Vater, der vielleicht nicht immer alles versteht, was Jowan da tut, sich aber doch für ihn einsetzt.
Namrud (Troublemaker), das unter anderem auf dem DOK.fest München 2018 lief, mag von Kontroversen handeln. Von einem Menschen, der oft und gern aneckt. Gleichzeitig handelt der Dokumentarfilm aber auch vom genauen Gegenteil: Zusammenhalt. Es ist das Porträt eines charismatischen Künstlers, der aus Überzeugung handelt. Einer, der nicht unbedingt Streit sucht, der ihn aber ebenso wenig scheut, wenn es darum geht, für ein besseres gemeinsames Leben zu kämpfen. Ein Leben, in dem die Leute sich gegenseitig respektieren, auch in ihrer Andersartigkeit. Das wird zwar nie in der Form gesagt, Safadi äußert sich erstaunlich wenig zu seinen Überzeugungen. Aber dafür sind die zahlreichen Lieder und Auftritte da, die zwischendrin eingespielt werden und zusammen mit den privaten Einblicken ein sehenswertes Gesamtbild abgeben.
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