„Sugihara Chiune“, Japan, 2015
Regie: Cellin Gluck; Drehbuch: Tetsuo Kamata, Hiromichi Matsuo; Musik: Naoki Sato
Darsteller: Toshiaki Karasawa, Koyuki Kato, Borys Szyc
Eigentlich hatte der japanische Diplomat Chiune Sugihara (Toshiaki Karasawa) vorgehabt, eine neue Stelle in der Sowjetunion zu beginnen. Doch es kam anders, stattdessen steht für ihn und seine Frau Yukiko (Koyuki Kato) 1939 eine Reise nach Litauen an, wo er zunächst die Aufgabe des Vizekonsuls übernimmt. Insgeheim soll er dabei die Truppenbewegungen der Deutschen und der Sowjets im Auge behalten, um sein Vaterland zu informieren, und erhält dabei Unterstützung durch den Polen Pesch (Borys Szyc). Der ausgebrochene Krieg ist aber nur ein Teil seiner Sorgen. Ebenso dringend ist die Frage, was mit den vielen Juden geschehen soll, die fluchtartig das Land verlassen wollen. Sugihara beschließt, sich über die Anweisung Japans hinwegzusetzen, und eigenständig Visa auszustellen.
Japan und der Zweite Weltkrieg, das bietet sich aus naheliegenden Gründen nicht unbedingt für eine Heldengeschichte an. Chiune Sugihara ist eine der wenigen Ausnahmen, auf die sich wohl die meisten Nationen verständigen können. Rund 6000 Juden sollen aufgrund der von ihm ausgestellten Visa dem Grauen der Nazis entkommen sein, so wird geschätzt. Bis heute ist der Japaner auch der einzige Vertreter seines Landes, der von Israel für seinen Einsatz gewürdigt wurde. Das ist nicht nur in Zahlen beeindruckend. Es beeindruckt auch deshalb, weil eine Auflehnung gegen Regeln von oben nicht unbedingt eine typisch japanische Eigenart ist. Dies dennoch zu tun, verbunden mit Risiken für sich und die eigene Familie, das nötigt Respekt ab.
Ein Mann wie aus dem Bilderbuch
Dass Persona Non Grata großen Respekt vor der historischen Figur hat, das ist dann auch kaum zu übersehen. Sollte der reale Sugihara als Mensch Ecken und Kanten gehabt haben, dann wurden die hier sorgfältig entfernt. Die anfänglichen Vorbehalte, bedingt durch sein Pflichtbewusstsein, weichen – nicht zuletzt durch den Einfluss der Frauen – einem furchtlosen Kampf für die in Lebensgefahr schwebenden Juden. Selbst als andere ihn aufzuhalten versuchen, bleibt er standhaft, fest davon überzeugt, dass er alles in seiner Macht tun muss, um den Leuten zu helfen.
Nobel ist das natürlich, vorbildlich. Aber auch auf Dauer langweilig. Der in Japan geborene Regisseur und sein Drehbuchteam verpassen es, aus der Vorlage mehr zu machen als eine Heldensaga. Sugihara wird bei ihnen zu einem Heiligen ohne religiösen Hintergrund. Und sollte das Publikum nicht gut genug aufgepasst haben, dann erinnern die anderen Figuren daran, dass der natürlich äußerst bescheidene Konsul viel zu gut war für diese Welt. Dialoge werden hier nicht zum Zwecke eines Austauschs benutzt, sondern als Lobpreisung des Retters.
Viel hilft nicht viel
Das mag verständlich sein. Persona Non Grata tut aber weder sich noch dem Publikum einen Gefallen damit. Vergleichbar zu anderen Holocaust-Rettungsdramen wie Die Frau des Zoodirektors ist auch das japanische Pendant zu brav, zu einseitig, zu sehr zurechtgemacht, lässt selbst den Mut vermissen, den es dem Protagonisten zuschreiben möchte. Bei einer Laufzeit von immerhin 140 Minuten wäre sicher mehr Tiefgang möglich gewesen, als er hier geboten wird. Dazu wird das Ganze von einem konstant dicken Musikteppich umgeben, der jede Form von Leben erstickt.
Einen Blick wert ist das Drama dennoch. Zum einen ist die historische Aufmachung aus der litauischen Stadt Kaunas – die zweitgrößte des baltischen Landes – ganz ansehnlich geworden. Wer historische Filme mag, schaut allein deshalb schon rein. Spannend sind aber auch die Passagen, die sich um den Krieg und die Allianzen drehen. Wenn Persona Non Grata Einblicke gibt in die japanischen Überlegungen, was eine Auflösung des Paktes zwischen Deutschland und der Sowjetunion bedeuten, dann ist das eine ungewohnte Perspektive auf den Zweiten Weltkrieg. Zudem trägt das nur selten in dem Zusammenhang gezeigte Litauen dazu bei, dass sich abseits der Heldenverehrung ein Film versteckt, der interessante Geschichten zu erzählen hat. Er war nur gerade zu beschäftigt dafür.
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