„El cuaderno de Sara“, Spanien, 2018
Regie: Norberto López Amado; Drehbuch: Jorge Guerricaechevarría; Musik: Julio de la Rosa
Darsteller: Belén Rueda, Marián Álvarez, Iván Mendes
Zwei Jahre sind bereits vergangen, seitdem Sara (Marian Álvarez) spurlos verschwunden ist, viele haben sie bereits für tot erklärt. Da taucht auf einmal ein Foto auf, das sie mitten im Dschungel vom Kongo zeigt, umgeben von einer Reihe bewaffneten Männer. Sie dort zu suchen wird gefährlich sein, das ist auch Saras Schwester Laura (Belén Rueda) klar. Dennoch beschließt die spanische Anwältin, das Risiko einzugehen und sich auf den Weg nach Afrika zu machen. Zwar findet sie dort tatkräftige Unterstützung. Doch selbst mit dieser gerät sie immer wieder in brenzlige Situationen und wird Zeugin grausamer Barbarei.
Ein bisschen Neugierde war im Vorfeld von Saras Tagebuch angesagt. Aber auch Skepsis. Eine Weiße, die ins schwärzeste Afrika reist und sich mit Verbrechern anlegt, das klingt verdächtig nach Beispiel für das inzwischen nicht mehr ganz politisch korrekte Motiv des „White Savior“, in dem sich ein weißer Held zum Retter farbiger Menschen aufschwingt. Nun stammt das Drehbuch aber von Jorge Guerricaechevarría. Und der machte zuletzt als Co-Autor von Álex de la Iglesia (El Bar – Frühstück mit Leiche, My Big Night) von sich reden. Filme, die also viel zu bescheuert, oft auch zu komisch waren, um einem Klischee zu erliegen.
Die Suche ist eher zweitrangig
Humor sollte man bei der Netflix-Produktion jedoch keinen erwarten. Stattdessen vertritt der spanische Autor hier die Ansicht: je düsterer, desto besser. In Teilen ist das auch geglückt. Wer gehofft hat, Saras Tagebuch könnte stärkere Krimielemente enthalten, wenn Laura Spuren für den Verbleib ihrer Schwester sucht, der wird hier zwar enttäuscht. Dafür wird es umso actionlastiger. Schon der Einstieg zeigt, wie zwei Reporter gerade mal so mit dem Leben davonkommen. Und auch die Spanierin gerät immer wieder in gefährliche Situationen, in der die Kugeln nur so fliegen.
Am stärksten ist Saras Tagebuch dabei, wenn sich der Film auf die humanitäre Katastrophe konzentriert. Menschenrechtsverletzungen sind heute ja wieder eher die Regel denn die Ausnahme geworden, in allen Ecken und Enden der Welt werden Leute ausgebeutet. Die Gewalt, mit der das hier geschieht, die ist dann aber doch schockierend – gerade auch weil sie an Schwachen verübt wird. Was als persönliche Reise für Laura begann, wird so zu einem Weckruf, nicht einfach wegzuschauen, sowohl für die Protagonistin wie auch das Publikum. Auch wenn die Versuchung natürlich groß ist, gerade auch bei fernen Ländern, die nicht unbedingt täglich in den Nachrichten erscheinen.
Oh, noch ein Schusswechsel!
Allerdings übertreibt es Saras Tagebuch dann doch ein wenig mit diesen brenzligen Situationen, aus denen sich Laura nur gerade so eben noch befreien kann. In Maßen sorgt so etwas natürlich für Spannung. In dem Umfang stellt sich aber doch Gewöhnung ein, ein bisschen Langeweile sogar – bei einer Laufzeit von rund zwei Stunden mangelt es an Abwechslung, zunehmend auch an emotionalen Momenten.
Nicht dass man es nicht versucht hätte, das Publikum am Herz zu ergreifen und kräftig zuzudrücken. Das betrifft zum einen Lauras Verbindung zu Jamir (Iván Mendes), der ihr während des Abenteuers zur Seite steht. Und es betrifft natürlich auch die Geschichte um die verschwundene Schwester. Leider stellt sich gerade Letztere als die größte Schwäche des Films heraus. Der Versuch an dieser Stelle, mit Familiendrama Nähe zu erzeugen, der funktioniert nicht. Dafür hat Saras Tagebuch zu wenig zu bieten, begnügt sich mit Klischees, anstatt den Figuren Persönlichkeit mit auf den Weg zu geben. Richtig viel ist das nicht. Für einen soliden Videoabend reicht es aber zumindest, zusammen mit den Aufnahmen gibt es genug zu sehen, auch wenn sich Guerricaechevarría hier sicher nicht verausgabt hat.
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