Swaying Mariko

Swaying Mariko

„Tamayura no Mariko“, Japan, 2016
Regie: Kôji Segawa; Drehbuch: Kôji Segawa; Musik: Daijirô Nakagawa
Darsteller: Chise Ushio, Keita Yamashina

Swaying Mariko
„Swaying Mariko“ läuft im Rahmen des 19. Japan-Filmfests Hamburg (23. bis 27. Mai 2018)

Nein, so richtig toll ist das Leben von Mariko (Chise Ushio) nicht. Beispielsweise macht ihr die Arbeit in einem Center mit Baseball-Schlagkäfigen so gar keinen Spaß. Wenn sie sich nicht gerade blöde Kommentare ihrer Kolleginnen anhören muss, steigt ihr der widerliche Chef nach. Und zu Hause sieht es auch nicht besser aus. Seit einiger Zeit schon verhält sich ihr Mann Tomoharu (Keita Yamashina) schrecklich distanziert. Für Mariko steht fest, dass er etwas mit einer anderen Frau hat. Sie weiß auch schon mit wem: eine alte Freundin, mit der er sich seit Kurzem wieder trifft. Jetzt muss sie das nur noch beweisen und ihn der gerechten Strafe unterziehen.

Was fang ich nur mit dir an?
Mariko ist eine Figur, die es einem als Zuschauer so richtig schwer macht. Einerseits tut sie einem schon leid, wie sie in einem furchtbaren Job gefangen ist, in einer erkalteten Ehe steckt, es wirklich nirgends eine Perspektive für sie gibt. Höchstens eine Perspektive für mehr Spott. Doch während einem Verliererfiguren normalerweise schnell ans Herz wachsen, will das hier mit der Sympathie nicht so richtig klappen. Gleichermaßen schwer zu sagen ist, ob sie eine traurige Figur ist oder doch eine lustige. Ob wir über ihre offensichtliche Paranoia nun lachen oder sie dafür fürchten sollen.

Das liegt auch daran, dass Regisseur und Drehbuchautor Kôji Segawa bei seinem Film das mit den Genregrenzen nicht ganz so ernstnimmt. Im Grunde ist Swaying Mariko ein Drama über eine Frau, der irgendwie nichts wirklich geblieben ist. Das ist kein ungewöhnliches Schicksal, viel zu lange bedeutete Familiengründung für eine Frau, aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Wenn Tomoharu eigentlich dafür ist, dass sie zu Hause bleibt und sich nur noch um das gemeinsame Kind kümmert, dann ist das eine Diskussion, die oftmals nicht einmal eine ist. Denn das ist ihre Rolle, in der traditionellen Vorstellung zumindest.

Die komische Tragik einer paranoiden Rache
Dieses realitätsnahe Szenario reichert Segawa jedoch mit Elementen an, die nicht unbedingt realistisch sind. Beispielsweise mischt sich des Öfteren schwarzer Humor darunter, wenn Mariko in an und für sich ernsten Szenen etwas anders als erwartet reagiert. Manchmal wird es auch ein wenig surreal, unklar, ob das Gezeigte überhaupt noch wahres Geschehen ist oder ob wir in ihre ungehemmte Vorstellungskraft hineingezogen wurden. Zudem eskalieren Marikos Wahnvorstellungen mit der Zeit, Swaying Mariko droht immer wieder damit, zu einem Exploitation-Rachethriller zu werden.

Das macht einerseits den Beitrag vom Japan-Filmfest Hamburg 2018 unterhaltsam. Gerade auch weil da niemand ist, der ihr wirklich Einhalt gebietet, ist die Neugierde groß, in welche Richtung sich das alles entwickelt. Aber es hat eben auch den angesprochenen Nachteil, dass Mariko eine sehr ambivalente Figur bleibt und man nie so richtig mitfühlen kann. Vielleicht wäre es da doch besser gewesen, Segawa hätte sich konsequenter für eine der vielen Richtung entschieden – Komödie, Drama, Thriller –, anstatt alles mal so ein bisschen zusammenzuwerfen. Andererseits ist das dann auch schon wieder passend für eine Protagonistin, die nirgends richtig hingehört.



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Eine Hausfrau ist unglücklich bei der Arbeit und vermutet, dass ihr Mann fremdgeht – das ist keine sehr schöne Situation. „Swaying Mariko“ macht daraus jedoch kein reines Drama, sondern baut immer wieder komische und surreale Momente ein, nähert sich sogar dem Thriller an. Diese Unentschlossenheit macht es einem als Zuschauer nicht immer einfach, unterhaltsam ist die Indieproduktion aber auch so.
6
von 10